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Hintergrund

Umbau der gesamten Tierhaltung in Deutschland

Erklär-Papier: Was die Borchert-Kommission vorschlägt

Berlin, 29.01.2021. Wer Tiere so hält, wie es ihren artgemäßen Bedürfnissen entspricht – mit viel Platz, frischer Luft, auf Stroh statt Betonspalten; und wer ausreichend Zeit für die Betreuung aufbringt, Umwelt schont und bäuerlich wirtschaftet, hat deutlich höhere Kosten als jemand, der nach gesetzlichem Mindeststandard billigst auf Kosten von Tieren, Umwelt und Klima produziert.

Tiere besser halten. das können Bäuerinnen und Bauern nur tun, wenn sie die Mehrkosten jenseits der Fleischproduktion, die durch Tier- und Umweltschutz entstehen, bezahlt bekommen. Um das zu erreichen, gibt es drei Möglichkeiten:

1. Höhere gesetzliche Standards in D und der EU

Höhere gesetzliche Standards sind wirkungsvoll, wenn der Kostenunterschied, der durch höhere Standards entsteht, bei Importen nach Deutschland (bzw. der EU) an den Außengrenzen abgeschöpft würde. Andernfalls liefert die Landwirtschaft aus anderen Ländern, ohne solche Standards, „billiges“ Fleisch, es entsteht eine Wettbewerbsverzerrung. Die einheimischen Betriebe könnten mit den Dumpingangeboten nicht mithalten. Infolgedessen würde die Tierhaltung aus Deutschland abwandern – und die Tierhaltung unterm Strich nicht verbessert.

Fazit: Höhere gesetzliche Standards wären grundsätzlich sehr sinnvoll. Da gemeinsame, höhere Tierhaltungsstandards in Europa und ein entsprechender Außenhandelsschutz aktuell aber schwer erreichbar scheinen, scheidet dieser Weg aus. Der Umbau wird so nicht erreicht.

2. „Tierwohllabel“

Man vergibt ein freiwilliges Label an die Betriebe, die höhere Standards einhalten und verlangt von den VerbraucherInnen für gelabeltes Fleisch mehr Geld. Die Verbraucher finanzieren dann freiwillig den höheren Standard.

Nachteil: Betriebe müssten für Stallumbauten hohe Investitionsrisiken eingehen. Nur ein kleiner Teil der VerbraucherInnen ist aber bereit, mehr Geld auszugeben. Daher wird es nur ein kleinerer Teil der Betriebe wagen, in mehr Tierwohl zu investieren. Für die Mehrzahl der Tiere bleibt es beim schlechteren Alten.

Fazit: Kaum Wirkung, Tierwohl gibt’s nur für einen kleinen Teil der Tiere. Der Umbau wird so nicht erreicht.

3. Tierwohlprämie – das Konzept der Borchert-Kommission

Hier erfolgt eine Finanzierung durch eine „Tierwohlabgabe“ je kg Fleisch, die bei jedem Fleischeinkauf anfällt, egal ob aus industrieller „Billigstproduktion“ oder aus hochwertiger Tierwohl-Haltung. Und unabhängig davon, ob aus dem Inland oder aus dem Ausland.
Die Abgabe muss so konzipiert sein, dass sie die Kosten von ca. 4 Mrd. € im Jahr deckt, die erforderlich ist, um die gesamte deutsche Tierhaltung auf höchste Standards umzubauen.

Je mehr Tierwohl die Betriebe bieten, desto höher fällt natürlich Ausgleich für die Bauern aus, die etwa den Großteil des Mehraufwandes für Stallbauinvestition und laufende Mehrkosten in Form einer Prämie vergütet bekommen.

Die Höhe der Prämie ist gestaffelt nach der Höhe des Mehraufwands im Vergleich zum gesetzlichen Mindeststandard. Wichtig: Das gilt für alle Betriebe, die mehr fürs Tierwohl leisten bis hin zum Bio-Bauernhof.

Damit die Betriebe sicher kalkulieren können, bekommen sie einen 20-Jahresvertrag, sobald sie den Stall umbauen.

Vorteile:

  • Das Modell kann nicht durch Billigimporte unterlaufen werden.
  • Die Bäuerinnen und Bauern müssen keinen höheren Preis verlangen, wenn sie nach höheren Standards produzieren, weil sie die Mehrkosten über eine Prämie finanziert bekommen. Sie bleiben damit am Markt preislich wettbewerbsfähig.
  • Der Handel wird sehr schnell nur noch Fleisch aus besserer Tierhaltung verkaufen wollen, da er für Fleisch von artgerecht gehaltenen Tieren kaum mehr Geld ausgeben muss.
  • Der Umbau wird von all den Verbrauchern und Verbraucherinnen finanziert, die Fleisch essen wollen.

Fazit: Die Bauern erhalten Planungssicherheit. Der Anreiz für Tierwohl steigt. Damit bietet die Tierwohlprämie der Borchert-Kommission die Chance, die Tierhaltung in Deutschland schnell und in der Breite umzubauen – zum Wohl der Tiere und der Betriebe.

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Foto Header: Demeter e.V., Eva Wolf