Studie

Schadensbericht Gentechnik

Eine Studie zur ökonomischen Wirkung von Agro-Gentechnik

Auch nach über 20 Jahren kommerzieller Nutzung der Agro-Gentechnik wird mit unverminderter Härte um sie gestritten. Umso erstaunlicher ist es, dass nach wie vor keine soliden Daten zur ökonomischen Dimension der Risiko-Technologie vorliegen. Dabei könnte damit die Debatte stärker auf eine sachliche Grundlage gestellt werden. Insbesondere in der Diskussion um neue Möglichkeiten für regionale oder nationale Verbote des Gentechnikanbaus, wie sie aktuell in Berlin und Brüssel diskutiert werden, spielen sozioökonomische Aspekte eine gewichtige Rolle. Schließlich sollen derartige Anbauverbote auch mit sozioökonomischen Faktoren begründet werden können. Fakt ist allerdings, dass weder die Bundesregierung noch die EU-Kommission auf diese Debatte vorbereitetet sind – sie haben es jahrelang versäumt, entsprechende Daten zu erfassen und aufzubereiten.

Mit der zweiten Auflage des Schadensberichts Gentechnik möchte der BÖLW einen Beitrag zur Diskussion um die ökonomischen Folgen von Anbau und Import von gentechnisch veränderten Pflanzen leisten.

Das Fazit ist ernüchternd: Positive und langfristige wirtschaftliche Effekte des Gentechnik-Anbaus sind für Landwirte allenfalls gering und kommen nur unter sehr speziellen, kaum kalkulierbaren Bedingungen zum Tragen. Werden die zwangsläufig notwendigen Kosten für ein Resistenzmanagement oder für Warenstromtrennungssysteme der gesamten Lebensmittelkette mitgerechnet, wird die Gentechnik vollends zum Zuschussgeschäft. Hinzu kommen Kosten in Milliardenhöhe: für Schäden durch Kontaminationen mit Konstrukten, die – da keine Zulassung vorliegt – nie hätten in die Nahrungskette gelangen dürfen.

Dass die Agrarchemie- und Gentechnik-Konzerne mit ihren gentechnisch veränderten Saaten dennoch Gewinne realisieren und Landwirte die Gentechnik nutzen, liegt an unzureichenden gesetzlichen Rahmenbedingungen, die das Verursacherprinzip auf den Kopf stellen. Für Schäden und Folgekosten zahlen überwiegend diejenigen, die Gentechnik nicht wollen, so auch die Unternehmen der Ökologischen Lebensmittelwirtschaft und ihre Kunden. Aber auch der größte Teil der herkömmlichen Lebensmittelwirtschaft zahlt drauf. Hinzu kommt, dass 53 % der deutschen Kunden explizit angeben, gentechnisch veränderte Lebensmittel „unter keinen Umständen“ kaufen zu wollen (GfK, 2014); 84 % der Deutschen sprechen sich dafür aus, gentechnisch veränderte Organismen in der Landwirtschaft zu verbieten (BfN, 2014).

Der vorliegende Bericht soll anregen, sich den ökonomischen Fragen der Agro-Gentechnik nüchtern zuzuwenden. Die Ergebnisse können ferner dazu beitragen, den Blick auf Landbewirtschaftungssysteme zu richten, die bereits heute nachhaltig und Ressourcen schonend die Welternährung sichern können. Der Weltagrarrat sieht in ökologischen und sozial wie regional angepassten Anbausystemen den Schlüssel zur Sicherung der Welternährung – nicht in technischen Lösungen wie der Agro-Gentechnik. Die Gentechnik ist nicht nachhaltig sondern eine Sackgassentechnologie, welche die Probleme der konventionellen Landbewirtschaftung noch verschärft. Denn auch die zweite und dritte Generation gentechnisch veränderter Pflanzen bringen nur weitere Formen der Herbizidtoleranz oder Insektenresistenz hervor. Sie stützen den Anbau von Monokulturen. Eine Ausweitung von Resistenzen ist bereits heute die traurige und unvermeidliche Realität. Sie führt zu einem höheren Spritzmitteleinsatz, der Mensch und Umwelt belastet – ein Wettrüsten auf dem Acker ist vorprogrammiert.

Eine Technologie, die nicht nachhaltig ist, die beträchtliche Folgekosten verursacht und nur für sehr wenige einen Gewinn verspricht, muss von der Politik kritischer als bislang betrachtet werden.

Forderungen an die Politik

  • Weitere Zulassungen von gentechnisch veränderten Pflanzen sind auf EU-Ebene zu verhindern, z. B. indem die Bundesregierung im Rat für die Ablehnung entsprechender Anträge wirbt und auch selbst konsequent Zulassungsanträge ablehnt.
  • Im EU-Zulassungsverfahren für gentechnisch veränderte Pflanzen müssen sozioökonomische Gesichtspunkte ebenso berücksichtigt wie langfristige Folgen für Mensch, Tier und Umwelt oder ethische Aspekte. Die vom neuen EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker angekündigte Reform des Zulassungsverfahrens ist umgehend und umfassend umzusetzen.
  • Die neuen Möglichkeiten für nationale Anbauverbote von gentechnisch veränderten Pflanzen müssen konsequent für alle Gentechnik-Pflanzen und mindestens auf nationaler Ebene umgesetzt werden, um eine weitere Steigerung der Koexistenzkosten zu vermeiden.
  • Das Verursacherprinzip muss auch im Bereich der Gentechnik so umgesetzt werden, dass die Entwickler und Nutzer von gentechnisch veränderten Pflanzen für die Kosten der Warenstromtrennung aufkommen müssen.
  • Die nationale und europäische Gentechnikregulierung muss insgesamt deutlich verschärft werden und darf nicht als Verhandlungsmasse in den Verhandlungen über die Freihandelsabkommen mit Kanada (CETA) und den USA (TTIP) zur Disposition gestellt werden. Das gilt insbesondere für die europäischen Kennzeichnungsregelungen für gentechnisch veränderte Produkte.

Inhalte des Schadensberichts Gentechnik

Im vorliegenden Bericht wird aufgezeigt, welche Kosten auf den verschiedenen Stufen der Lebensmittelproduktion entstehen, um den Verbrauchern Wahlfreiheit zu garantieren und gentechnikfreie Lebensmittel anbieten zu können. Dabei rücken die betriebswirtschaftlichen Kosten für den Anbau von gentechnikfreiem Saatgut, die Kosten für getrennte Warenströme und für getrennte Verarbeitung in den Fokus. Ein weiteres Kapitel beleuchtet Kosten, die durch Kontaminationen mit nicht zugelassenen gentechnisch veränderten Organismen (GVO) entstehen. Im Mittelpunkt des Berichtes steht auch die Frage nach der Wirtschaftlichkeit der Agro-Gentechnik und wer de facto für die verursachten Kosten aufkommt.

Übersicht der Kapitel:

Betriebskosten“ der Agro-Gentechnik
Kosten der Gentechnik-Nutzer:
- Saatgutherstellung
- Anbau
- Handel (Rohstoffhändler/Erfassungshandel)
- Lebensmittelverarbeitung
Fazit: Kosten für Gentechniknutzer

Kosten für Gentechnikvermeider:
- Saatgutherstellung
- Handel (Rohstoffhändler)
- Lebensmittelverarbeitung
- Kalkulationsbeispiele Koexistenz – ganz konkret: GVO-freie Fütterung von Legehennen & Wertschöpfungskette Milch mit GVO-freier Fütterung
Fazit: Kosten für Gentechnikvermeider

Schadensfälle
- StarLink-Mais
- Bt10-Mais
- Liberty Link 601 (LL601)-Reis
- Triffid-Leinsamen (FP967)
- Kontaminierter Reis aus China
- GVO im Honig
Fazit Schadensfälle

Zusätzliche Kostenaspekte mit gesellschaftlicher Relevanz

Zusammenfassung

 


Ihr Kontakt zum BÖLW

Dr. Friedhelm von Mering
Leitung Politik und Recht

 +49 151 65498578
mering[at]boelw.de