Pressemitteilung

„Klöckner muss Motor für enkeltaugliche Landwirtschaft und Ernährung werden“

BÖLW-Statement zu einem Jahr GroKo

Berlin, 12.03.2019. Ein Jahr Landwirtschafts- und Ernährungspolitik der Großen Koalition kommentiert der Vorstandsvorsitzende des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), Dr. Felix Prinz zu Löwenstein:

"Die Bundesregierung hat sich für Landwirtschaft und Ernährung richtige Themen auf die Agenda gesetzt. Besonders das Koalitionsvertragsziel 20 % Ökolandbau bis 2030 drängt mit Blick auf Klimakrise, verschmutztes Grundwasser, ernährungsbedingte Krankheiten, Artensterben und dem, was immer mehr Bauern und Kunden wollen.

Die 20 % Öko fallen aber nicht vom Himmel. Es braucht eine ambitionierte Politik, die alle verfügbaren Instrumente auf das Öko-Ziel ausrichtet: Von EU-Agrarpolitik über Düngeverordnung, öffentlicher Gemeinschaftsverpflegung, Forschung, Klimapolitik und Tierwohllabel bis zur Züchtung muss Öko zum Anliegen der gesamten Bundesregierung werden. Nur dann klappt es mit 20 % Öko und enkeltauglicher Landwirtschaft und Ernährung.

Julia Klöckner muss dafür die Federführung übernehmen. Nur wenn die Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft sich als Motor des Umbaus begreift, kann diese Bundesregierung die selbstgesteckten Ziele erreichen!

Bio wirkt positiv auf Umwelt, Klima, Tiere und damit auch auf den Menschen. Das zeigte zuletzt die größte wissenschaftliche Vergleichsstudie sehr deutlich, die das staatliche Thünen-Institut zum Jahresbeginn veröffentlichte.“

Foto Header: NürnbergMesse, Jan Scheutzow


Hintergrund

Entscheidend für enkeltaugliche Landwirtschaft und Ernährung sind:

  • Öko stärken! Das Koalitionsvertrags-Ziel der Bundesregierung von 20 % Öko-Landbau bis 2030 (ab Zeile 3912) muss durch konkrete Maßnahmen umgesetzt werden. Dazu muss die Zukunftsstrategie Öko-Landbau (ZöL) umgesetzt sowie mit den notwendigen Ressourcen ausgestattet werden. Bio muss in allen relevanten Vorhaben der Bundesregierung angemessen berücksichtigt werden.
  • EU-Agrarpolitik umbauen! Die Gemeinsame Europäische Agrarpolitik (GAP) muss darauf ausgerichtet werden, dass diejenigen Bauern honoriert werden, die Umwelt, Klima und Tiere schützen. Für die aktuelle GAP muss die Bundesregierung dafür sorgen, dass 70 % der Steuergelder für die Förderung von Umwelt-, Klima- und Tierschutz reserviert werden.
  • Neues Öko-Recht praxistauglich gestalten! Ab 2021 wird ein neues Bio Recht gelten. Über 40.000 deutsche Bio-Unternehmen und hunderttausende weitere Bio-Bauern, -Verarbeiter und -Händler in ganz Europa sowie unzählige weitere außerhalb der EU müssen sich nun auf eine neue EU-Öko-Verordnung einstellen. Entscheidende Detailregelungen mit großen Auswirkungen für die Bio-Betriebe und -Unternehmen sind noch in Arbeit und müssen sinnvoll ausgestaltet werden, damit Bio sich positiv weiterentwickeln kann.
  • Wirksam kennzeichnen! Produkte aus guter Tierhaltung kann man bereits heute erkennen: am Bio-Siegel. Was fehlt, ist eine verpflichtende Haltungskennzeichnung wie beim Ei, die mittelfristig zu einer europäischen Kennzeichnung taugt. Eine staatliche, freiwillige Kennzeichnung, die nur einen Teil der Produkte abdeckt und Bio nicht berücksichtigt, stärkt den Status quo und sendet nur halbherzige Signale an Betriebe und Kunden.
  • Ganzheitlich gesunde Ernährung stärken! Der Bund muss mit deutlich mehr Bio die öffentliche Gemeinschaftsverpflegung als wirksames Instrument zur Förderung einer  gesunden wie nachhaltigen Ernährung nutzen und im Konzert mit den Ländern die Ernährungsbildung voranbringen, um die Ernährungskompetenz von Kindern und Jugendlichen nachhaltig zu stärken – von der Kita bis zum Schulabschluss.
  • Verursacher packen, Gewässerschützer unterstützen! Das Düngerecht muss gezielt darauf ausgerichtet werden, dass die Betriebe umsteuern müssen, die das Grundwasser verschmutzen. Auf den Flächen dürfen nur so viele Tiere gehalten werden, wie Böden und Gewässer verkraften (Flächenbindung). Ohne diesen wichtigen Schritt kann der Nitratüberschuss in unseren Gewässern langfristig nicht reduziert werden. Auch synthetische Stickstoffdünger, die Probleme verursachen, weil ein hoher Teil des Nährstoffes gar nicht von den Pflanzen aufgenommen wird, müssten im Düngerecht mitgeregelt und ihre Ausbringung aus der Perspektive des Gewässerschutzes reglementiert werden. Bio-Betriebe schonen mit ihrer Wirtschaftsweise das Grundwasser (s. auch Thünen-Studie), deshalb dürfen sie nicht unsinnig belastet werden.
  • Nachhaltige Forschung ausbauen! Es muss sichergestellt werden, dass Forschung auf die Ziele der Nachhaltigkeitsstrategie ausgerichtet wird. Wer heute 20 % Bio anstrebt, muss auch ausreichend in Öko-Forschung investieren, um das Innovationspotential von Bio voll zu heben. Aktuell werden nur etwa 1,5 % der Agrarforschungsmittel für Bio-Themen investiert.
  • Gentechnik und Patente: Die neue Bundesregierung muss sicherstellen, dass Verbote der Patentierung von Pflanzen und Tieren tatsächlich wirksam werden. Für Konstrukte aus neuartigen Gentechnikverfahren wie  CRISPR-Cas müssen praktikable Nachweisverfahren etabliert werden, damit auch diese gentechnisch veränderten Organismen (GVO) reguliert und gekennzeichnet werden können.

1190 Zeichen (Statement), Abdruck honorarfrei, um ein Belegexemplar wird gebeten. Ansprechpartner: Dr. Felix Prinz zu Löwenstein, Tel. +49 171 3035686, BÖLW-Pressestelle, Joyce Moewius, +49 30 28482-307.

Die in der Meldung gewählte männliche Form schließt immer gleichermaßen alle Geschlechter ein.

Der BÖLW ist der Spitzenverband deutscher Erzeuger, Verarbeiter und Händler von Bio-Lebensmitteln und vertritt als Dachverband die Interessen der Ökologischen Land- und Lebensmittelwirtschaft in Deutschland. Mit Bio-Lebensmitteln und -Getränken werden jährlich von über 40.000 Bio-Betrieben 10.91 Mrd. Euro umgesetzt. Die BÖLW-Mitglieder sind: Arbeitsgemeinschaft der Ökologisch engagierten Lebensmittelhändler und Drogisten, Assoziation ökologischer Lebensmittelhersteller, Bioland, Biokreis, Biopark, Bundesverband Naturkost Naturwaren, Demeter, Ecoland, ECOVIN, GÄA, Interessensgemeinschaft der Biomärkte, Naturland, Reformhaus®eG und Verbund Ökohöfe.