Pressemitteilung

„Schlag ins Gesicht für alle, die es besser machen wollen“

BÖLW zu den GAP-Entscheidungen

Berlin, 21.10.2020. Die Beschlüsse des EU-Agrarrates und die Ergebnisse der ersten Abstimmungen im Europäischen Parlament zur Reform der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP) kommentiert Felix Prinz zu Löwenstein, Vorsitzender des Spitzenverbandes der Bio-Bauern, -Hersteller und –Händler Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW):

„Was die EU-Staaten und das -Parlament vorlegen, ist ein Schlag ins Gesicht für alle, die Landwirtschaft klima- und umweltfreundlich machen und machen wollen. Von Systemwechsel keine Spur.

Was jetzt EU-Rat und -Parlament in den Trilog mit der -Kommission einbringen wollen, führt dazu, dass die GAP vor allem weiter Flächenbesitz belohnt. Und zwar fast egal, wie darauf gewirtschaftet wird. Julia Klöckner und ihre Kollegen und große Teile des EU-Parlaments missachten damit so ziemlich alles, was die Wissenschaft für eine klima- und umweltfreundliche Landwirtschaft empfiehlt. Und wofür unsere Bio-Betriebe seit Jahrzehnten arbeiten, nämlich gesunden Boden, Artenvielfalt und Klimaschutz.

Wären die 20 % Eco-Schemes der Beginn eines vorgezeichneten Ausbaupfads über die kommenden Jahre, dann hätte man, mit entsprechender hoher Qualität der Öko-Regelungen, von einem Paradigmenwechsel sprechen können. Weil die schwachen 20 % nach Ratswillen aber erst ab 2025 beginnen und bis 2027 auf dem viel zu schwachen Niveau zementiert sind, kann man nur eines konstatieren: Stillstand auf der ganzen Linie!

EU-Staaten und -Parlament steuern auf einen Anti-Green-Deal der Land- und Ernährungswirtschaft zu. Man kann aus unserer Sicht der Bio-Bauern, -Lebensmittelherstellenden und Händlerinnen der EU-Kommission nur raten: Ziehen Sie ihren Vorschlag zurück! Nehmen Sie einen neuen Anlauf, der den Green Deal ernsthaft umsetzt!“

Mehr Infos zur Reform der EU-Agrarpolitik hier.

Hintergrund

Mit jährlich ca. 60 Mrd. € bestimmt die EU-Agrarpolitik (GAP), welche Landwirtschaft sich in Europa lohnt. Alle sieben Jahre wird die GAP reformiert, derzeit verhandeln Mitgliedsstaaten und EU-Parlament über die Agrarförderung nach 2022.

Letzte Woche noch forderten die Nationale Wissenschaftsakademie Leopoldina, die Akademie der Technikwissenschaften (acatech) und die Union der deutschen Akademien der Wissenschaften gemeinsam, die EU-Zahlungen (1. Säule) direkt an messbare Öko-Leistungen zu koppeln. Die Wissenschaftler forderten auch, rein flächengebundene Subventionen grundsätzlich abzuschaffen.

Diese Woche stimmen nun EU-Parlament und -Agrarrat über die Gemeinsame EU-Agrarpolitik bis 2027 ab – die EU-Landwirtschaftsminister tagten das letzte Mal unter Führung der deutschen Ratspräsidentschaft und entschieden über ihre „allgemeine Ausrichtung“ innerhalb des Ratstreffens.

Deutschlands ist ohne eigene Position in die Verhandlungen im Agrarrat gegangen. Bleibt das Umweltambitionsniveau so niedrig, wie es angedacht ist, muss Julia Klöckner auf nationaler Ebene alle Register ziehen, um die notwendigen Veränderungen zu erreichen – die Chance dazu bietet der nationale Strategieplan.

Ziel der GAP nach 2020 (bzw. 2022) muss es sein, Bauern für besondere gesellschaftliche Leistungen auf dem Acker und im Stall zu honorieren, die vom Markt nicht entlohnt werden. Landwirte, die Wasser schützen, Boden fruchtbar erhalten, Artenvielfalt stärken und ihre Tiere artgerecht halten und damit mehr für die Gesellschaft tun, bekommen Agrargelder – ganz nach dem Prinzip ‚öffentliches Geld für öffentliche Leistungen‘. Jeder Euro Steuergeld muss deutlich steuern – und zwar in Richtung Nachhaltigkeit.

Alle BÖLW-Presseinformationen finden Sie unter www.boelw.de/presse.

1434 Zeichen (Statement), Veröffentlichung honorarfrei, um ein Belegexemplar wird gebeten, Ansprechpartner: BÖLW-Pressestelle, Joyce Moewius, Tel. +49 30 28482-307.

Der BÖLW ist der Spitzenverband deutscher Erzeuger, Verarbeiter und Händler von Bio-Lebensmitteln und vertritt als Dachverband die Interessen der Ökologischen Land- und Lebensmittelwirtschaft in Deutschland. Mit Bio-Lebensmitteln und -Getränken werden jährlich von fast 50.000 Bio-Betrieben etwa 12 Mrd. Euro umgesetzt. Die BÖLW-Mitglieder sind: Assoziation ökologischer Lebensmittelhersteller, Biokreis, Bioland, Biopark, Bundesverband Naturkost Naturwaren, Demeter, Ecoland, ECOVIN, GÄA, Interessensgemeinschaft der Biomärkte, Naturland, Arbeitsgemeinschaft der Ökologisch engagierten Lebensmittelhändler und Drogisten, Reformhaus®eG und Verbund Ökohöfe.