Die besondere Qualität von Bio-Lebensmitteln liegt in ihrer Prozessqualität: Sie werden ökologisch erzeugt und qualitätserhaltend verarbeitet. Das führt zu einer höheren Produktqualität. Diese zeigt sich u. a. in höheren Gehalten an sekundären Pflanzenstoffen oder ungesättigten Fettsäuren, einer besseren, natürlichen Haltbarkeit, einem ausgeprägten Geschmack und einer geringeren Belastung mit Schadstoffen.
Qualität hat viele Facetten
Lebensmittelqualität ist keine feststehende physikalische oder physiologische Größe, sondern stark individuell und kulturell geprägt. Zudem umfasst sie viele Facetten, wie etwa den Gesundheitswert oder den Eignungswert, der z. B. durch die Koch-, Brat- und Backeigenschaften und die Haltbarkeit bestimmt wird [1]. Von zentraler Bedeutung ist der Genusswert eines Lebensmittels, für den Aussehen, Form, Geruch, Geschmack, Konsistenz und Reifegrad relevant sind. Immer stärker wird auch der ökologische, psychologische, soziale oder politische Wert eines Lebensmittels einbezogen, der sich u. a. aus den mit der Produktion verbundenen Auswirkungen auf die Umwelt, auf das eigene Wohlbefinden oder auf die Arbeitsbedingungen und die Einkommenssituation der Erzeuger ergibt. Welche Unterschiede zwischen Bio- und konventionellen Lebensmitteln wahrgenommen und beschrieben werden, hängt stark von den Maßstäben der Qualitätsbeurteilung ab.
Hohe Produktqualität dank umfassender Prozessqualität
Öko-Lebensmittel zeichnen sich durch eine hohe Prozessqualität aus: Die EU-Rechtsvorschriften für die ökologische Landwirtschaft und Lebensmittelverarbeitung sowie die Richtlinien der Bio-Verbände garantieren eine pflanzen- und tiergerechte sowie ressourcen- und umweltschonende Produktion und Verarbeitung, die sich nicht nur positiv auf Klima, Umwelt oder Tiere auswirken sondern sich auch direkt in der Qualität des Endproduktes niederschlagen [u. a. 2; 3]. So konnten Untersuchungen bei Milch zeigen, dass Bio-Milchkuhhaltung im Vergleich mit herkömmlicher Haltung eher zu Milch mit positiven Fettsäuremustern führt und dass sie durch die Bio-Verarbeitungsschritte der Milchprodukte erhalten bleiben [6]. Ferner zeigen Analysen Unterschiede für Trockenmasse, Gesamtzucker, Vitamin C und Polyphenole zwischen herkömmlich und biologisch erzeugtem Obst und Gemüse [9]. Beständig sind auch Ergebnisse der privaten und staatlichen Lebensmittelüberwachungen, die für Bio-Lebensmittel eine stets geringere Belastung mit schädlichen Stoffen wie chemisch-synthetischen Pestiziden belegen, da Bio-Bauern diese nicht anwenden [10; 11].
Schonende Verarbeitung von Bio-Lebensmittel
Der Bio-Verarbeitung liegt das Prinzip zugrunde, Lebensmittel besonders schonend und werterhaltend zu verarbeiten. Es stammt aus der engen Verknüpfung der ökologischen Landwirtschaft mit der Vollwert-Ernährung, die sich an den Kollath’schen Grundsatz „Lasst unsere Nahrung so natürlich wie möglich“ anlehnt [8]. Bio-Produkte müssen laut den Rechtsvorschriften besonders schonend hergestellt werden, damit die wertgebenden Inhaltsstoffe möglichst erhalten bleiben. Dass die Rohstoffe weniger wertmindernde Stoffe enthalten, wird durch die Vorgaben zur landwirtschaftlichen Erzeugung bereits geregelt. Der natürliche Charakter und Wert eines Lebensmittels sollen erhalten werden. Daraus folgt beispielsweise, dass bei der Verarbeitung von Bio-Lebensmitteln bestimmte Zusatzstoffe völlig ausgeschlossen werden (Geschmacksverstärker, künstliche Farbstoffe und nicht natürliche Aromen).
Genuss mit Bio-Produkten neu entdecken
Bei sensorischen Tests wird Bio-Lebensmitteln häufig ein besonderer Geschmack bescheinigt [u. a. 1; 2]. Dies liegt bei pflanzlichen Lebensmitteln z. B. am höheren Trockensubstanzgehalt und der Sortenauswahl, aber auch an der verlängerten Reifezeit. Wenn ökologische Lebensmittel bei sensorischen Produktbewertungen schlechter abschneiden als konventionelle Produkte, hängt dies oft mit den erlernten Geschmacksgewohnheiten der Konsumenten zusammen. So erscheint Menschen, die schon in ihrer Kindheit Produkte mit Vanillin-Aroma verzehrt haben, der Geschmack natürlicher Vanille als ungewohnt [5]. Da die Vorschriften für ökologische Lebensmittel strenger sind, unterscheiden sich diese in ihren sensorischen Eigenschaften teilweise erheblich von konventionellen Produkten. So weisen einige Untersuchungen auf eine spezifische Sensorik von Bio-Lebensmitteln hin. Mittlerweile findet sie bereits in der Schulung von Sensorik-Prüfern Berücksichtigung [5].
Impulse für die Qualitätsdiskussion aus der Öko-Forschung
Die Auseinandersetzung mit dem vielschichtigen Qualitätsbegriff und der Versuch, Unterschiede messbar zu machen, bringt die Wissenschaft an die Grenzen bisheriger Methoden. In der Bio-Qualitätsforschung finden sich eine ganze Reihe neuerer Methoden, die weiterentwickelt und geprüft werden, z.B. elektrochemische Messungen, Fluoreszenz-Anregungs-Spektroskopie und bildschaffende Methoden (Bio-Kristallisation und Chromatest) [2;4;7].
Inzwischen gibt es zusätzliche Kriterien, die Menschen bei der Lebensmittelauswahl immer wichtiger werden und die sie immer mehr als Aspekte der Qualität hinzuziehen. Dazu gehören die Beanspruchung der natürlichen Ressourcen (Luft, Wasser, Boden) sowie die schädlichen Auswirkungen (u.a. Verlust an Biodiversität, Treibhausgasemissionen) durch Lebensmittelerzeugung und -verarbeitung. Für diese Aspekte gibt es eine Fülle an Nachweisen über die Überlegenheit der Bio-Produktionsweise [12].
Foto Header: Hermannsdorfer Landwerkstätten
Quellen:
[1] FiBL (Hrsg.) (2006): Qualität und Sicherheit von Bio-Produkten. Dossier Nr. 4, Frick.
[2] Velimirov, A. und Müller, W. (2003): Die Qualität biologisch erzeugter Lebensmittel. Umfassende Literaturrecherche zur Ermittlung potentieller Vorteile biologisch erzeugter Lebensmittel. Wien.
[3] Ehrlich, M. (2006): Untersuchung von Molkereimilchprodukten aus Deutschland auf gesundheitlich bedeutsame Fettsäuren (Omega-3, Omega-6, CLA) unter Berücksichtigung des eingesetzten Maisfutters. Universität Kassel.
[4] Tauscher, B. et al. (2003): Bewertung von Lebensmitteln verschiedener Produktionsverfahren – Statusbericht 2003.
[5] Buchecker, K. und Mahnke-Plesker, S. (2003): Öko-Geschmacks-Siegel – Entwicklung, Implementierung und Kommunikation eines sensorischen Bewertungsmodells für ökologische Lebensmittel. Bericht, Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE), Bonn.
[6] Butler, G., Nielsen, J. H., Larsen, M. K., Rehberger, B., Stergiadis, S., Canever, A., Leifert, C. (2011) The effects of dairy management and processing on quality characteristics of milk and dairy products. NJAS – Wageningen Journal of Life Sciences, 58: 3–4, S. 97–102.
[7] Kahl, J., Busscher, N. und Meier-Ploeger, A. (2003): Ganzheitliche Untersuchungsmethoden zur Erfassung und Prüfung der Qualität ökologischer Lebensmittel: Stand der Entwicklung und Validierung. Bericht, Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE), Bonn.
[8] Koerber, K. V., Männle, T. und Leitzmann, C. (2012): Vollwert-Ernährung. Konzeption einer zeitgemäßen und nachhaltigen Ernährung. 11. Aufl., unv., der 10., vollständig neu überarbeiteten und erweiterten Auflage, Haug Verlag, Stuttgart.
[9] Kahl, J., Baars, T., et al (2012): Organic food quality: a framework for concept, definition and evaluation from the European perspective. J Sci Food Agric doi: 10.1002/jsfa.5640.
[10] BNN (2008): BNN-Monitoring für Obst und Gemüse im Naturkosthandel. Ergebnisse aus fünf Jahren unternehmensübergreifenden Pestizidanalysen. Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN) Herstellung und Handel e.V., Berlin, S. 11.
[11] MLR (Hrsg.) (2012) 10 Jahre Ökomonitoring 2002–2011 Jubiläumssonderausgabe. Ministerium für Ländlichen Raum, und Verbraucherschutz Baden-Württemberg (MLR), Retsch Druck e.K., Nagold, Drucknummer: MLR 8-2012-36.
[12] FiBL (Hrsg.) (2007): 90 Argumente für den Biolandbau. Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL), Frick, Schweiz.