Pressemitteilung

Stillstand vorprogrammiert

BÖLW-Kommentar zum aktuellen Stand der Sondierungen im Bereich "Landwirtschaft und Verbraucherschutz"

Berlin, 14.11.2017. Den aktuellen Stand der Sondierungen von Union, FDP und Grünen im Bereich Landwirtschaft und Verbraucherschutz kommentiert der Vorsitzende des Bio-Spitzenverbandes Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), Felix Prinz zu Löwenstein:

„Die Sondierungsergebnisse im Bereich ‚Landwirtschaft und Verbraucherschutz‘ sind mehr als enttäuschend. Die aktuellen Vorschläge der Parteien werden dazu führen, dass wir in vier Jahren mit denselben Problemen dastehen wie heute. Ein Stillstand in der Landwirtschaftspolitik ist fatal für Umwelt, Klima, Artenvielfalt und Landwirte. Die Parteien werden damit weder dem Wunsch ihrer Wähler nach und der Notwendigkeit von mehr Tier- und Klimaschutz gerecht, noch stärken die Sondierer mit ihrer Ambitionslosigkeit Bauern und ländliche Räume.

Bei einem Kernthema für einen zukunftsfähigen Sektor, der Reform der EU-Agrarpolitik (GAP), streiten die Sondierer um die Instrumente, die heute eingesetzt werden. Stattdessen sollten die Verhandlungspartner klären, wie sie ohne harte Brüche den Übergang dazu schaffen, dass Bauern für Umwelt- oder Klimaschutz entlohnt werden. Denn diese Leistungen müssen die Landwirte für die Gesellschaft erbringen und zwar ohne dass der Markt sie dafür entlohnt. Wir haben ein GAP-Nachhaltigkeitsmodell* vorgeschlagen, das an die bisherige Agrarförderung anschließt und Bauern entlohnt, die Artenvielfalt, Klima, Böden und Tiere schützen.

Auch die Vorsätze der Parteien bei der Tierhaltung sind unzureichend. Beispiel Haltungskennzeichnung: Diese entfaltet Wirkung ihre nur dann, wenn sie verpflichtend für alle Haltungssysteme gilt, was der Blick auf Eier zeigt. Hätten bei der Eier-Kennzeichnung nur Bio- und Freilandhalter ihre Tierhaltung ausloben müssen, würde wohl heute noch ein Großteil der Legehennen ihr Dasein in Legebatterien fristen.

Was die Parteien beim Thema Pflanzenschutz vorschlagen, wird nichts am dramatischen Artensterben in Agrarlandschaften ändern. Denn bei den entsprechenden Kriterien blenden die Sondierer die Auswirkung des Pestizideinsatzes auf die Umwelt komplett aus. Ein vages Reduktionsziel zum Pestizideinsatz gibt es heute schon – ohne positive Folgen. Es müssen deshalb konkrete Maßnahmen vereinbart werden, wie das Pestizidreduktionsziel erreicht werden kann.

Mit Bio kann die künftige Bundesregierung ihre Ziele beim Tierwohl, Klimaschutz oder der Stärkung ländlicher Räume erreichen. Aber auch beim Ökolandbau fehlen konkrete Aussagen. Nicht einmal das in der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie verankerte 20 %-Ökoflächenziel erwähnen die Sondierer. Auch wie die Öko-Forschung oder Bio-Züchtung gestärkt werden sollen, bleibt unerwähnt.

Die Verhandlungsführer müssen nachlegen, wenn sie Land- und Lebensmittelwirtschaft sowie der Zivilgesellschaft ein politisches Konzept anbieten wollen, das sich nicht in Allgemeinplätzen verliert, sondern konkrete Wirkung zur Lösung der vielfältigen Probleme des Sektors entfaltet!“

*Der BÖLW zeigt mit seinem Nachhaltigkeitsmodell zur GAP, wie Steuergeld zielgenau und ohne Strukturbrüche für eine zukunftsfähige Landwirtschaft verwendet werden kann – und damit auch die Erwartung der Gesellschaft erfüllt wird.

BÖLW-Grundsatzpapier zur Bundestagswahl 2017, Umbauplan für Land- und Lebensmittel



Der BÖLW ist der Spitzenverband deutscher Erzeuger, Verarbeiter und Händler von Bio-Lebensmitteln und vertritt als Dachverband die Interessen der Ökologischen Land- und Lebensmittelwirtschaft in Deutschland. Mit Bio-Lebensmitteln und -Getränken wurden 2016 von über 37.000 Bio-Betrieben 9,48 Mrd. Euro umgesetzt. Die BÖLW-Mitglieder sind: Assoziation ökologischer Lebensmittelhersteller, Bioland, Biokreis, Biopark, Bundesverband Naturkost Naturwaren, Demeter, Ecoland, ECOVIN, GÄA, Naturland, Arbeitsgemeinschaft der Ökologisch engagierten Lebensmittelhändler und Drogisten, Reformhaus®eG und Verbund Ökohöfe.