Berlin 23.1.2022. Über 500 geladene Gäste folgten der Einladung des Bio-Spitzenverbandes Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) zum 7. Bio-Empfang auf der Internationalen Grünen Woche. Spitzenvertreter aus Politik, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Presse diskutierten, wie die Land- und Ernährungswirtschaft zukunftsfähig werden kann.
BÖLW-Vorstandsvorsitzende Tina Andres appellierte an die Gäste in Regierungsverantwortung, den Umbau von Landwirtschaft und Ernährung jetzt mutig anzupacken. Die Überschreitung der planetaren Belastungsgrenzen zerstöre schon heute unsere Ernährungsgrundlagen. Bio trage dazu bei, diese Grenzen zu respektieren, Öko-Systeme zu erhalten und Artenvielfalt, Klima und Gewässer zu schützen. Daher sei entscheidend für unsere Ernährungssicherheit, dass die Politik das 30 Prozent Bio-Ziel jetzt engagiert angeht. Das Marktversagen bei der Nutzung von Umweltgütern müsse beendet werden, denn es ist Ursache dafür, dass die jährlichen Umweltschäden durch die Landwirtschaft allein in Deutschland 90 Milliarden Euro* betragen. Folglich müssten Lebensmittelpreise endlich die ökologische Wahrheit sprechen. Andres forderte von Politik und Unternehmen mehr Mut und Tatkraft ein, um den ökologischen Umbau jetzt voranzutreiben. Die Bio-Branche stehe dafür als Pionier und Motor der Transformation bereit.
Peter Röhrig, geschäftsführender Vorstand BÖLW forderte konkrete Maßnahmen, um das 30 Prozent Bio-Ziel zu erreichen. Umgerechnet auf die Fläche summierten sich die Umweltschäden durch nicht-nachhaltige Landwirtschaft auf über 5.000 Euro pro Hektar und Jahr in Deutschland. Ökologisch wahre Preise seien essenziell für die ökologische Transformation. Einerster, wichtiger Schritt in diese Richtung wäre die Streichung der Mehrwehrsteuer auf Bio-Produkte. Denn aktuell würden die Bürgerinnen und Bürger, die mit ihrem Kauf von Bio den Umbau unterstützen, vom Staat mit höheren Steuern bestraft.
Wichtig sei auch, die Wahlfreiheit bei Gentechnik zu erhalten. Bäuerinnen und Bauern, Verbraucherinnen und Verbraucher müssten auch künftig erkennen können, wo Gentechnik drin sei. Wer Bio ausbauen wolle, müsse gegen die Pläne der EU-Kommission zur Aufweichung des Gentechnikrechts aktiv werden.
Röhrig begrüßte die Pläne der Regierung, bei der Tierhaltungskennzeichnung für Bio eine eigene Stufe vorzusehen. Das sei eine Anerkennung der Pionierleistung der 17.000 tierhaltenden Bio-Betriebe und erspare ihnen unsinnige Doppelbürokratie. Die Eier-Kennzeichnung zeige, wie erfolgreich eine integrierte Kennzeichnung sei, auch als Voraussetzung für die von allen gewünschte europäische Kennzeichnung.
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir verwies bei seiner Rede auf die Umweltleistungen des Öko-Landbaus, der mit seiner umweltschonenden Wirtschaftsweise jedes Jahr klimarelevante Umweltkosten von 750 bis 800 Euro je Hektar einspare. Die aktuelle Bio-Fläche von 1,8 Millionen Hektar erspare somit der Gesellschaft 1,5 Milliarden Euro pro Jahr. Übertragen auf das 30 Prozent Bio-Ziel der Bundesregierung bis 2030 könnten jährlich sogar 4 Milliarden Euro an Kosten eingespart werden. Der Minister verwies darauf, dass er mit der Zukunftsstrategie Öko-Landbau (ZöL) das Engagement der Bundesregierung für Bio weiter stärken wolle.
Der amtierende Vorsitzende der Agrarministerkonferenz und Landwirtschaftsminister Schleswig-Holsteins Werner Schwarz, strebt in seinem Bundesland eine Verdopplung des Ökolandbaus auf 15 Prozent an. Dazu wolle er Absatz und Vermarktung von Bio-Produkten stärken. Er engagiere sich für die Bildungsoffensive „Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucher“, um Bürgerinnen und Bürger in Schleswig-Holstein besser über Essen – und wie es erzeugt wird – zu informieren. Für die Agrarministerkonferenz seien die Ergebnisse des Abschlussberichtes der Zukunftskommission Landwirtschaft* ein wichtiger Impuls insbesondere den Ausstieg aus den direkten und unkonditionierten Zahlungen im Rahmen der EU-Agrarpolitik bis 2034 vorzubereiten. Dazu solle jetzt in die Diskussion eingestiegen werden.
Monsignore Pirmin Spiegel, Hauptgeschäftsführer und Vorstandsvorsitzender des Bischöflichen Hilfswerkes MISEREOR e.V., mahnte in seinem Grußwort Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, in ihrem täglichen Handeln stets die vulnerablen Gruppen im Blick zu behalten. Spiegel zeigte auf, wie wichtig der Umbau eines nicht-nachhaltigen Wirtschaftssystems hin zu nachhaltig ökologischem Landbau ist. Denn die planetaren Grenzen, die Grundlage für die tägliche Nahrung von Milliarden Menschen im globalen Süden sind, müssen endlich eingehalten werden. Nur mit intakten Öko-Systemen lasse sich die Welternährung sichern. Er verwies auf das tiefe Verständnis indigener Völker von Zusammenhängen zwischen der Art des Wirtschaftens und dem täglichen Essen, beispielsweise bei der Nutzung der Regenwälder. Stark gestiegene Preise für Pestizide und mineralischen Stickstoffdünger machten den ökologischen Landbau für kleinbäuerliche Kooperativen attraktiver. Bio helfe ihnen, den massiven Anstieg der Nahrungsmittelpreise zu dämpfen und sich von existenzbedrohenden Abhängigkeiten zu befreien. Anders als bei uns, seien im globalen Süden die Erträge des Öko-Landbaus oft gleich hoch oder sogar höher als bei konventioneller Erzeugung. Spiegel schloss mit dem Appell, dass alle ihr Möglichstes tun müssten, um Würde für alle in der Schöpfung zu ermöglichen.
*) Abschlussbericht der Zukunftskommission Landwirtschaft: Zukunft Landwirtschaft. Eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe (bmel.de)
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Der BÖLW ist der Spitzenverband deutscher Erzeugerinnen, Verarbeiter und Händlerinnen von Bio-Lebensmitteln und vertritt als Dachverband die Interessen der Ökologischen Land- und Lebensmittelwirtschaft in Deutschland. Mit Bio-Lebensmitteln und -Getränken werden jährlich von rund 54.500 Bio-Betrieben 15,87 Mrd. € umgesetzt. Die BÖLW-Mitglieder sind unter anderem: Assoziation ökologischer Lebensmittelhersteller, Biokreis, Bioland, Biopark, Bundesverband Naturkost Naturwaren, Demeter, Ecoland, ECOVIN, GÄA, Interessensgemeinschaft der Biomärkte, Naturland, Arbeitsgemeinschaft der Ökologisch engagierten Lebensmittelhändler und Drogisten, Reformhaus®eG und Verbund Ökohöfe. Wer wir sind: https://www.boelw.de/ueber-uns/mitglieder/