Berlin/Online, 30.03.2022. Ausgewählte Tagesordnungspunkte der Agrarministerkonferenz von Ländern und Bund unter Vorsitz von Sachsen-Anhalt kommentiert Peter Röhrig, geschäftsführender Vorstand des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW):
Folgen des Krieges in der Ukraine
„Der furchtbare Krieg in der Ukraine bedeutet eine weitere große Krise mit fatalen Folgen. Diese kommen zu den fatalen Folgen des Klimawandels, Artensterbens und der Pandemie noch hinzu. Die Regierenden müssen die Krisen deshalb gemeinsam lösen, anstatt sie gegeneinander auszuspielen – und damit die Krisen noch zu verschärfen.
Sichere Ernten brauchen resiliente Öko-Systeme statt einer Landwirtschaft, die langfristig ihre eigenen Produktionsgrundlagen zerstört. Ernährungssouveränität braucht stabile, regional orientierte Liefer- und Wertschöpfungsketten. Eine zukunftsfähige Tierhaltung muss auf einer flächengebundenen, heimischen Futterversorgung fußen. Eine sichere Versorgung mit Lebensmitteln braucht Unabhängigkeit von mineralischen Stickstoffdüngern, die große Mengen fossiler Energie benötigen.
Wir fordern die Bundesregierung auf, die Innovationskraft und Nachhaltigkeitsleistungen von Bio für die Lösung der drängenden Krisen zu nutzen!“
Mehr zum Thema lesen Sie in der Presseerklärung der BÖLW-Mitgliederversammlung „Rollback impossible: Landwirtschaft und Ernährung jetzt krisenfest machen!“ https://www.boelw.de/news/rollback-impossible-landwirtschaft-und-ernaehrung-jetzt-krisenfest-machen/
EU-Agrarpolitik (GAP)
„Bund, Länder und EU haben sich deutlich mehr Bio vorgenommen. Der Entwurf des nationalen Strategieplans zur GAP ist allerdings so gestaltet, dass dieses Ziel verfehlt wird. Der Plan sieht vor, bis 2027 nur auf 14 % Öko-Fläche zu kommen. Aktuell werden aber schon knapp 11 % der Flächen in Deutschland ökologisch bewirtschaftet. Das 30 % Ziel der Bundesregierung rückt so in weite Ferne. Und damit rückt auch eine Landbewirtschaftung in weite Ferne, die die Belastungsgrenzen der Öko-Systeme respektiert und Bäuerinnen und Bauern eine Perspektive gibt. Auch bliebe der heimische Öko-Anbau immer weiter hinter der stetig steigenden Nachfrage der Kundinnen und Kunden nach Bio-Produkten zurück.
Bund und Länder sind gefordert, die GAP so zu gestalten, dass konventionelle Landwirte überhaupt auf Bio umstellen können. Denn umstellen können die Bäuerinnen nur, wenn ihnen ihre Öko-Leistungen auch honoriert werden. Die Fördergelder müssen über die Jahre bis 2030 also so geplant werden, dass immer mehr Höfe immer mehr Flächen auf Bio umstellen können.
Mit den Milliarden Euro der GAP werden jetzt die Weichen gestellt, wohin es mit der Landwirtschaft geht. Die Länder und der Bund können jetzt ein „Weiter so“ zementieren. Oder sie packen die Transformation an, indem sie mit den Steuergeldern Gemeinwohlleistungen finanzieren. Damit ermöglichen die Regierenden den Höfen, auf Bio zu setzen und so für Ernährungssicherheit, Umwelt- und Klimaschutz zu sorgen.“
Mehr zum Thema s. BÖLW-Stellungnahme “GAP-Strategieplan verbessern, 30 % Öko-Landbau bis 2030 ermöglichen” auf https://www.boelw.de/news/gap-strategieplan-verbessern-30-oekolandbau-bis-2030-ermoeglichen/
Honorierung von „Bracheflächen“ im Öko-Landbau
„Bio-Bäuerinnen und -Bauern schützen unsere Artenvielfalt, unsere Böden und unser Trinkwasser auf 100 % der Flächen, statt zwischen Schutz- und Schmutzflächen zu unterscheiden. Weder chemisch-synthetische Pestizide noch diese Art von Dünger kommen auf die Äcker. Die Tierhaltung ist an die Fläche gebunden. Und vielfältige Fruchtfolgen sorgen für gesunde Böden. Das wird regelmäßig flächendeckend und wirksam kontrolliert. So ist jeder Hektar Bio-Acker eine ökologische Vorrangfläche.
Aus diesen Gründen haben sich Bund, Länder und EU ambitionierte Bio-Ziele gesetzt. Warum jetzt auch Bio-Bäuerinnen und -Bauern 4 % ihrer Öko-Flächen aus der Produktion nehmen sollen, macht keinen Sinn. Noch weniger Sinn macht das, weil die Regeln der neuen GAP so gestrickt sein sollen, dass die Öko-Höfe dann auch noch doppelte Verluste einfahren. Denn erstens können sie auf der Fläche keine Bio-Produkte anbauen. Zweitens wird für die 4 % „Bracheflächen“ die Öko-Prämie gestrichen.
Bund und Länder müssen das dringend stoppen! Schließlich erbringen Bio-Bäuerinnen und -Bauern auf jedem Hektar, den sie bewirtschaften, wertvolle Leistungen für Böden, Artenvielfalt, Wasser und Klimaschutz. Und diese Umweltleistungen müssen den Höfen auch honoriert werden.“
Mehr zum Thema s. BÖLW-Stellungnahme “GAP-Strategieplan verbessern, 30% Öko-Landbau bis 2030 ermöglichen” auf https://www.boelw.de/news/gap-strategieplan-verbessern-30-oekolandbau-bis-2030-ermoeglichen/
Umbau der Tierhaltung
„Der Umbau der Tierhaltung drängt. Tiere müssen besser und flächengebunden gehalten werden. Dass zeigt zuletzt die durch den Krieg angeheizte Diskussion um Trog und Teller überdeutlich. Eine bessere flächengebundene Tierhaltung können Bäuerinnen und Bauern machen, wenn sie die Mehrkosten, die durch Tier- und Umweltschutz entstehen, bezahlt bekommen.
Mit einer „Tierhaltungsabgabe“, die je Kilogramm Fleisch beim Einkauf erhoben wird, kann das gelingen. Aus der Abgabe muss eine Prämie für die Tierhalterinnen und Tierhalter finanziert werden, die mehr dafür tun, dass ihre Tiere an die frische Luft können und genügend Auslauf und Platz haben.
Bund und Länder müssen den Umbau jetzt anpacken, um zu einer artgerechten und flächengebundenen Tierhaltung zu kommen. Beides ist bei Bio selbstverständlich, per Gesetz vorgeschrieben und kontrolliert.“
Mehr zum Thema s. https://www.boelw.de/themen/tier/
Haltungskennzeichnung
„Transparenz macht es für die Kundinnen und Kunden erst möglich, eine artgerechte Tierhaltung zu unterstützen. Deshalb braucht es eine verpflichtende Fleischkennzeichnung. Die Eierkennzeichnung zeigt, wie eine Kennzeichnung zum Erfolg für Bäuerinnen, Tiere und Kunden wird. Wie beim Ei müssen die Stufen leicht unterschieden werden können, inklusive Bio als klar erkennbare, eigene Stufe.“
Mehr zum Thema s. https://www.boelw.de/themen/tier/
Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest (ASP)
„Wir werden mit der Afrikanischen Schweinepest ebenso umgehen müssen wie mit anderen Seuchen. Aktuell werden Betriebe, die in eine artgerechte Tierhaltung investiert haben, mit pauschalen Aufstallungsgeboten in den Ruin getrieben. Und Landwirtinnen und Landwirte, die umstellen möchten, schauen ganz genau hin, wie mit den Höfen in den betroffenen Regionen umgegangen wird. Wie Politik den Rahmen für diese Betriebe gestaltet, entscheidet mit, ob Betriebe in anderen Regionen die Umstellung wagen. Alle Höfe, diein die artgerechte Schweinehaltung investiert haben oder dies tun wollen, erwarten endlich einen wirksamen Plan wie wirksamer Seuchenschutz und artgerechte Tierhaltung Hand in Hand gehen können. Das Engagement für eine Impfung gegen die Seuche muss weiter intensiviert werden.“
Mehr zum Thema s. https://www.boelw.de/themen/tier/
7.061 Zeichen, Veröffentlichung honorarfrei, um ein Belegexemplar wird gebeten, Ansprechperson: Joyce Moewius, BÖLW-Pressereferentin, presse@boelw.de, Tel. +49 30 28482-307. Fotos von Peter Röhrig zum kostenfreien Abdruck im Zusammenhang mit dieser Meldung auf https://www.boelw.de/service/mediathek/personen/.
Der BÖLW ist der Spitzenverband deutscher Erzeugerinnen, Verarbeiter und Händlerinnen von Bio-Lebensmitteln und vertritt als Dachverband die Interessen der Ökologischen Land- und Lebensmittelwirtschaft in Deutschland. Mit Bio-Lebensmitteln und -Getränken werden jährlich von rund 52.000 Bio-Betrieben 15,87 Mrd. € umgesetzt. Die BÖLW-Mitglieder sind unter anderem: Assoziation ökologischer Lebensmittelhersteller, Biokreis, Bioland, Biopark, Bundesverband Naturkost Naturwaren, Demeter, Ecoland, ECOVIN, GÄA, Interessensgemeinschaft der Biomärkte, Naturland, Arbeitsgemeinschaft der Ökologisch engagierten Lebensmittelhändler und Drogisten, Reformhaus®eG und Verbund Ökohöfe. Wer wir sind: https://www.boelw.de/ueber-uns/mitglieder/