Berlin, 14.07.2016. Die Lage vieler Milchviehbetriebe ist dramatisch und der Fehler liegt im System – das betonen der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) und der Umweltdachverband Deutscher Naturschutzring (DNR) anlässlich des Krisengipfels von Ländern, Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt, EU-Agrarkommissar Hogan und dem französischen Landwirtschaftsminister Le Foll in Brüssel. „Neben der Symptombehandlung in Form akuter Krisenhilfen müssen auf dem Milchgipfel vor allem die Ursachen der Krise gemeinsam mit Landwirten und Handel an der Wurzel gepackt werden. Die Bauern stecken in einem Teufelskreis aus Überproduktion und Tiefstpreisen“, sagt BÖLW-Vorsitzender Felix Prinz zu Löwenstein.
Nach Überzeugung beider Dachverbände kann das Problem der Überproduktion dauerhaft nur mit Veränderungen auf der „Input-Seite“ gelöst werden: Mit einer Beschränkung auf heimisches, den physiologischen Bedürfnissen der Tiere angepasstes Futter lässt sich die Milchmenge reduzieren, die Gesundheit der Tiere verbessern, Flächen in Übersee sparen und die Nährstoffeinträge in Böden und Gewässer begrenzen. „Mit extensiver Fütterung wird die Kuh zum umwelt- und klimaverträglichen Nutztier“, so DNR-Generalsekretär Florian Schöne und ergänzt: „Aktuell wachsen wichtige Anteile des Futters für die Überproduktion auf den Gentech-Sojafeldern Südamerikas.* Auf die Soja-Monokulturen werden Pestizide gespritzt, die Menschen und Umwelt schaden. Für viele Sojafelder wurde Regenwald abgeholzt oder Savanne umgebrochen.“
Zu viel Kraftfutter und eine Tierzucht, die Lebensleistung und Tiergesundheit zu wenig beachtet, verschärfen den Teufelskreis von Milchüberschüssen und Tiefstpreisen. „Da muss sich grundsätzlich etwas ändern“, so Löwenstein. „Wir dürfen die Kuh nicht zur Sau machen, indem wir Wiederkäuer wie Schweine füttern. Wir müssen unser Milchvieh von unseren eigenen Flächen und mit weniger Kraftfutter ernähren. Extensivierung gehört auf die Agenda des Milchgipfels.“ DNR-Generalsekretär Schöne ergänzt: „Weniger Kraftfutter ist besser für Tiere und Umwelt und die Milchmenge wird gesenkt. Weniger Milch führt zu besseren Preisen, das nützt den Bauern.“ Der Vorteil einer solchen Lösung sei, dass sie den Markt einbeziehe, weil Grundfuttermilch eine messbar höhere Qualität aufweise und damit höhere Preise erzielt werden könnten.
Mit dem Diskussionsbeitrag 'Weniger Milch, mehr Qualität, mehr Einkommen: Extensivierung als Schlüssel zur Lösung der Milchkrise' hatte der BÖLW einen konkreten Vorschlag für eine nachhaltige Lösung des Problems vorgelegt.
* Die weltweite Soja-Anbaufläche, auf der ein Großteil gentechnisch veränderte Soja wächst, beträgt über 100 Mio. ha, fast das Dreifache der Größe Deutschlands. Nach Europa wurden 2013 über 30 Mio t Soja, große Teile aus Argentinien oder Brasilien, importiert. Deutschland ist mit ca. 4,5 Mio t einer der größten Abnehmer innerhalb der EU. Die Bundesrepublik belegt eine Anbaufläche in Südamerika von ca. 2,6 Mio ha (Fläche von Hessen). Mehr Infos: WWF-Faktenblatt „Soja – Wunderbohne mit Nebenwirkungen“ (2014), online unter http://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/Hintergrundpapier_Soja.pdf.
1160 Zeichen (Statement), Veröffentlichung honorarfrei, um ein Belegexemplar wird gebeten, Ansprechpartner: Dr. Felix Prinz zu Löwenstein, Tel.: +49 171 3035686