Berlin, 04.11.2022. Die Europäische Kommission hat am 22. Juni 2022 ihren Vorschlag für eine Verordnung über die nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln (COM(2022)305) vorgelegt und will damit Risiken und Anwendung von chemischen Pflanzenschutzmitteln für Mensch und Umwelt bis 2030 um 50 % reduzieren, so wie es in der Farm-to-Fork-Strategie als Ziel verankert ist.
Eine der zentralen Regelungen des Verordnungsvorschlags ist ein Anwendungsverbot für jegliche Pflanzenschutzmittel in empfindlichen Gebieten. Zu den empfindlichen Gebieten gehören neben diversen Schutzgebieten des Naturschutzes ausdrücklich auch Wasserschutzgebiete bzw. Schutzgebiete gemäß EG-Wasserrahmenrichtlinie und weitere in der Risikobewertung gemäß EU-Trink-wasserrichtlinie identifizierte Gebiete, die dem Schutz der Trinkwasserressourcen dienen.
Befunde von Wirkstoffen und Metaboliten chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel in den Trinkwasserressourcen sind weit verbreitet. Viele dieser Substanzen und ihre Metaboliten sind hoch mobil und sehr persistent, so dass sie sich über viele Jahrzehnte in der Umwelt und in den Gewässern anreichern. Für den Schutz der menschlichen Gesundheit ist es besonders problematisch, dass diese Substanzen im Rahmen der Trinkwasseraufbereitung nur mit großem Aufwand oder teilweise auch gar nicht eliminiert werden können. Das geplante Anwendungsverbot in empfindlichen Gebieten ist daher ein elementarer und unverzichtbarer Baustein der Farm-to-Fork-Strategie und des European Green Deal insgesamt, der zusätzlich einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Ziele der EG-Wasserrahmenrichtlinie und der EU-Trinkwasserrichtlinie leistet.
Allerdings umfasst das Anwendungsverbot im Verordnungsvorschlag jegliche und damit auch Pflanzenschutzmittel natürlichen Ursprungs. Damit macht das Anwendungsverbot den ökologischen Landbau in den empfindlichen Gebieten unmöglich. Aber gerade in Wasserschutzgebieten bzw. in den Einzugsgebieten von Wassergewinnungsanlagen ist der ökologische Landbau die bevorzugte Form der Landwirtschaft mit vielfältigen positiven Effekten für den Schutz der Gewässer, der Biodiversität und der menschlichen Gesundheit:
- Das Risiko des Eintrages von Pflanzenschutzmitteln und ihren Abbauprodukten in die Gewässer ist sehr gering, da keine chemisch-synthetisierten Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden. Unter den wenigen zugelassenen Wirkstoffen führt der Großteil wegen ihrer hohen biologischen Abbaubarkeit oder geringen Mobilität zu keinen Konflikten mit dem Gewässerschutz. Im ökologischen Landbau werden in aller Regel nur in Dauer- und Sonderkulturen Pflanzenschutzmittel auf Naturstoffbasis eingesetzt, darüber hinaus keine herbiziden Wirkstoffe. Daher liegt der Anteil von Öko-Anbauflächen, auf der Pflanzenschutz-mitteleinsatz überhaupt eine Rolle spielt, nur bei etwa 5 %.
- Deutlich geringere Nährstoffüberschüsse durch weitgehend geschlossene Nährstoffkreisläufe, flächengebundene Tierhaltung und der Verzicht auf Mineraldünger haben geringere Nährstoffeinträge in die Gewässer zur Folge.
Daher ist es dringend erforderlich,
- das Anwendungsverbot insbesondere in den dem Trinkwasserschutz dienenden empfindlichen Gebieten auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel zu spezifizieren und
- die Anwendung der für den Ökolandbau zugelassenen Naturstoffe einschließlich mineralischer Stoffe weiterhin zu ermöglichen und ausdrücklich zu fördern. Für eine kohärente Verwendung von Wirkstoffkategorien sollte die SUR an die EU-Öko-Verordnung (EU) 2018/848 so angepasst werden, dass anders als im jetzigen Entwurf, nicht zwischen chemischen und biologischen Wirkstoffen, sondern zwischen chemisch-synthetischen und Naturstoffen (inkl. mineralischen Ursprungs) unterschieden wird.
Mit Blick auf eine Pestizidreduktion ist die Ausweitung der Ökolandbaufläche ein erfolgreiches Instrument. Der Ökolandbau sollte deshalb in diesen Gebieten gezielt ausgebaut und nicht behindert werden. Der Verzicht auf jegliche chemisch-synthetischen Wirkstoffe inkl. aller Herbizide wäre automatisch ein optimaler präventiver Schutz der Trinkwasserressourcen vor PSM-Einträgen und deren Metaboliten.
Die Verknüpfung und gegenseitige Stärkung der beiden EU-Ziele „50 % Reduktion der Verwendung und des Riskos“ sowie das EU-weite „25 % Ökolandbauziel“ jeweils bis 2030 (Farm-to-Fork-Strategie) müssen in der SUR kohärent im oben genannten Sinne umgesetzt werden.
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e. V. (BDEW) und seine Landesorganisationen vertreten über 1.900 Unternehmen, davon 1.200 Unternehmen der Wasserwirtschaft. Seine Mitglieder sind lokale und kommunale sowie regionale und überregionale Unternehmen, die rund 90 Prozent des Stromabsatzes, gut 60 Prozent des Nah- und Fernwärmeabsatzes, 90 Prozent des Erdgasabsatzes sowie 80 Prozent der Trinkwasserförderung und rund ein Drittel der Abwasserentsorgung in Deutschland repräsentieren.
Ansprechpartner: Martin Weyand, Hauptgeschäftsführer Wasser/Abwasser, BDEW e. V., Reinhardtstr. 32, 10117 Berlin, Telefon +49 30 300199-1101, E-Mail martin.weyand@bdew.de
Der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches e. V. – Technisch-wissenschaftlicher Verein (DVGW) fördert das Gas- und Wasserfach unter besonderer Berücksichtigung von Sicherheit, Hygiene und Umweltschutz. Mit seinen rund 14.000 Mitgliedern erarbeitet er die allgemein anerkannten Regeln der Technik für Gas und Wasser, prüft und zertifiziert Produkte, Personen sowie Unternehmen, initiiert und fördert Forschungsvorhaben und schult zum gesamten Themenspektrum des Gas- und Wasserfachs. Der gemeinnützige Verein ist wirtschaftlich und politisch unabhängig und neutral.
Ansprechpartner: Berthold Niehues, Leiter Wasserversorgung, DVGW e. V., Josef-Wirmer-Str. 1-3, 53123 Bonn, Telefon +49 228 9188-850, E-Mail berthold.niehues@dvgw.de
Der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) ist der Spitzenverband deutscher Erzeugerinnen, Verarbeiter und Händlerinnen von Bio-Lebensmitteln und vertritt als Dachverband die Interessen der Ökologischen Land- und Lebensmittelwirt-schaft in Deutschland. Mit Bio-Lebensmitteln und -Getränken werden jährlich von rund 54.500 Bio-Betrieben 15,87 Mrd. € umgesetzt.
Ansprechpartner: Peter Röhrig, Geschäftsführender Vorstand, BÖLW e. V., Marienstr. 19-20, 10117 Berlin, Telefon +49 30 28482-300, E-Mail roehrig@boelw.de
Bioland e. V. ist der bedeutendste Verband für ökologischen Landbau in Deutschland und Südtirol. Rund 10.000 Betriebe aus Erzeugung, Herstellung und Handel wirtschaften nach den Bioland-Richtlinien. Gemeinsam bilden sie eine Wertegemeinschaft zum Wohl von Mensch und Umwelt.
Ansprechpartner: Gerald Wehde, Geschäftsleiter Agrarpolitik und Kommunikation, Bioland e. V., Kaiserstr. 18, 55116 Mainz, Telefon +49 6131 23979-20, E-Mail gerald.wehde@bioland.de
Der Biokreis e.V. ist ein ökologischer Verband, der sich seit 1979 für bäuerliche Landwirtschaft in der Region einsetzt. Seine rund 1.500 Mitglieder sind Akteur*innen aus Landwirtschaft & Imkerei, Verarbeitung & Handel sowie überzeugte Verbraucher*innen. Gemeinsam gestalten sie kreativ und konsequent ökologischen Landbau.
Ansprechpartnerin: Jana Werner, Leitung Hauptstadtbüro, Biokreis e. V., Marienstr. 19-20, 10117 Berlin, Telefon +49 30 28482480, E-Mail werner@biokreis.de
ECOVIN, Bundesverband Ökologischer Weinbau e.V., ist der Weinbauverband unter den Bioverbänden. 1985 gegründet, bewirtschaften heute 250 Mitgliedsbetriebe rund ein Viertel der deutschen Bio-Rebfläche. Neben der Zertifizierung nach ECOVIN Richtlinie sieht der Verband seine Aufgaben in Beratung, Bildung und politischer Interessenvertretung.
Ansprechpartner: ECOVIN Bundesverband Ökologischer Weinbau e.V., Wormser Str. 162, 55276 Oppenheim, Telefon +49 6133 1640, E-Mail info@ecovin.de
Der Demeter e.V. ist der älteste Bioverband in Deutschland. Schon seit 1924 bewirtschaften Demeter-Landwirte ihre Felder biodynamisch. In Deutschland wirtschaften 1.778 Landwirt*innen mit 106.486 Hektar Fläche biologisch-dynamisch. Zum Demeter e.V. gehören zudem etwa 353 Demeter-Hersteller und etwa 100 Hofverarbeiter sowie 184 Vertragspartner aus dem Großhandel und 320 Partner im Bio-Fachhandel.
Ansprechpartnerin: Antje Kölling, Leitung Politik und Öffentlichkeitsarbeit, Demeter e.V., Brandschneise 1, 64295 Darmstadt, Tel. +49 6155 8469 701
Naturland e. V.: Wir sind Naturland, einer der größten Öko-Verbände weltweit. Mit 100.000 Bäuerinnen und Bauern, Imkern und Fischwirten in 60 Ländern der Erde setzen wir uns für eine sozial-ökologische Transformation unserer Ernährungssysteme ein. Im Zentrum steht dabei eine ökologische Landwirtschaft zum Wohle von Mensch, Tier und Umwelt. Allein in Deutschland gehören 4.200 Erzeuger unserer Gemeinschaft an. Naturland steht wie kein anderer Öko-Verband für den harmonischen Zweiklang von Regionalität und Internationalität in einer globalisierten Welt. Ansprechpartner: Sebastian Mittermaier, Geschäftsleitung Politik & Nachhaltigkeit, Tel. +49 172 65 98 387, s.mittermaier@naturland.de