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Superwahljahr in der Zeitenwende: Zeit zu handeln!

Einleitung des BÖLW-Grundsatzpapiers zur Bundestagswahl 2021

Berlin, 20.01.2021. Das Superwahljahr 2021 fällt mitten in eine Zeitenwende. Eine Zeitenwende, die nur vordergründig durch die Corona-Pandemie geprägt wird. Denn nicht nur Papst Franziskus fi ndet klare Worte für deren Ursache, wenn er sagt: Es gibt kein gesundes Leben auf einem kranken Planeten. Biologinnen und Virologen zeigen uns, dass die Gefahr durch Zoonosen wie COVID19 in dem Maße steigt, in dem wir auch Artenvielfalt zerstören. Ihre wissenschaftlichen Kolleginnen und Kollegen warnen vor einem ebenso existenziellen Risiko – schon Jahrzehnte lang: Der Klimakrise, deren Wirkung immer stärker wird.

Corona zeigt auch: Politik kann gestalten, wenn sie will. Regierende können entschieden und schnell entscheiden. Und immer mehr Menschen engagieren sich längst für die notwendige Transformation: Millionen Bürgerinnen und Bürger stimmten in deutschen Rathäusern für Artenvielfalt. Und als globale Bewegung mobilisierte die junge Generation mit Fridays for Future erst ihre Freundinnen und Freunde, dann Eltern, Großeltern, Forschende, Unternehmen und Gewerkschaften. Und bestimmte mit, wie Kommunal-, Landtags- und Europawahlen ausgingen.

Ein Erfolg, den diese Transformations-Bewegungen gemeinsam erzielten: Die EU-Kommission legte mit dem „European Green Deal“ einen Fahrplan hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft vor. Und zeigte wenige Monate später mit der Farm-to-Fork- und Biodiversitätsstrategie konkreter, wo es mit der Land- und Lebensmittelwirtschaft in Zukunft hingehen soll.

Klar ist: Der Energiewende muss die Ernährungswende folgen. Sonst drohen nicht nur Kipppunkte unserer Ökosysteme endgültig zu kippen. Vielmehr schafft sich der Sektor mittelfristig selbst ab – denn ohne Ressourcen keine Landwirtschaft, und ohne Bauern oder Lebensmittelherstellerinnen keine Wertschöpfung auf dem Land und in der Stadt.

Gut ist: Im Zuge der Corona-Pandemie werden neben der sichtbaren politischen Handlungsfähigkeit bisher nie gekannte öffentliche Mittel zur Förderung der Wirtschaft und für Aufbau- und Ausgleichsmaßnahmen mobilisiert. Es kommt jetzt darauf an, die Milliarden im Sinne des Green Deals zu investieren. Und so das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Handlungsfähigkeit der Politik bei entscheidenden Zukunftsfragen zu stärken.

Im Agrar- und Ernährungssektor gelingt der Weg zu einer enkeltauglichen Wirtschaft und Gesellschaft bisher vor allem noch trotz und nicht wegen eines passenden politischen Rahmens – die aktuelle EU-Agrarreform zeigt das beispielhaft und verdeutlicht, dass es mehr politisches Engagement braucht, um wirklich voranzukommen. Dass der Wille da ist, beweisen immer mehr Bäuerinnen, Lebensmittelhersteller und Händlerinnen. Mehr und mehr Kundinnen und Kunden unterstützen den „Umbau von unten”, indem sie zu Bio-Produkte greifen.

Damit die Bundesregierung ihre Nachhaltigkeitsziele erreichen kann und der Sektor resilient wird, müssen die Weichen neu gestellt werden. Die Richtung: gesunde Ernährung, Arten-, Klima-, Wasser-, Boden- und Tierschutz sowie sinnstiftende Arbeit in zukunftssicheren Unternehmen. Dazu braucht es zunächst eines: Klare politische Ziele. Und dann konsequent darauf ausgerichtete, politische Maßnahmen.

Bio-Bäuerinnen und -Bauern, -Verarbeitungs- und -Handelsunternehmen sind Pioniere und Partner der Transformation für ein enkeltaugliches Ernährungssystem. Hunderttausenden Bio-Unternehmen in Deutschland und Europa gelingt es seit Jahrzehnten, innovativ und ökonomisch tragfähig ökologisch zu wirtschaften. Deshalb ist es nur konsequent, dass sich die Regierenden in Europa, Deutschland und den Ländern ambitionierte Bio-Ziele setzen: Bis 2030 sollen mindestens 25 % der EU-Agrarfläche von Bio-Bäuerinnen und Bauern beackert werden. Hessen will das auch, Bayern sieht 30 % vor und Baden-Württemberg strebt sogar 40 % an. Auch die Veränderungsbereitschaft der Betriebe bleibt konstant hoch: In den letzten fünf Jahren stellten Öko-Höfe über 50 % mehr Bio-Flächen um, rund ein Fünftel der konventionellen Höfe interessiert sich für eine Umstellung.

Was fehlt? Eine Politik, die konsequent und kohärent die Weichen auf Bio stellt, vor allem auch auf Bundesebene. Entscheidend dabei: Ein integrierter Politikansatz, der alle notwendigen Ressorts einbindet – von der Agrar- und Ernährungspolitik über die Umwelt- und Entwicklungspolitik, bis hin zur Wirtschafts-, Finanz- und Sozial- sowie Bildungs- und Forschungspolitik.

Die Zeit ist reif – machen wir gemeinsam unser Land zum Motor der Transformation in Europa!