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Öko schütz Klima

Bio und Klima

Berlin, 15.02.2022. Ein bisschen Digitalisierung auf dem Acker, etwas weniger Methan aus Rindermägen und etwas mehr Kunstfl eisch: Klima gerettet? Mitnichten. Wer will, dass wir klimafreundlich landwirtschaften und essen, muss das System umkrempeln. Und zwar vom Feld bis auf den Teller. Bio tut das nachhaltig, mit beachtlichem Erfolg und weiterem Bedarf an klimafreundlicher Politik sowie Forschung von Praxis und Wissenschaft.

Zwischen 21 und 37 % – so hoch schätzt der Weltklimarat den Anteil der globalen Treibhausgasemissionen ein, den unsere Ernährung ausmacht. Die Erkenntnis, dass die Essensproduktion das Klima beeinflusst, ist nicht neu. Was den Druck, klimafreundlicher zu wirtschaften, aber erhöht, ist zweierlei: 1. Uns rennt die Zeit davon. Wirtschaften wir weiter wie bisher, kippt unser Klima und die Basis für unsere Nahrungsmittelproduktion verschlechtert sich. 2. Wir wissen längst, wie wir günstig, erprobt und wirksam klimafreundlicher produzieren und essen können. Entscheidend ist, dass wir das System als Ganzes ändern. Warum, das zeigt der Blick zur Energiewende. Niemand, der ernsthaft das Klima schützen will, zielt darauf ab, die Kohleverstromung einfach nur etwas ökologischer zu machen. Vielmehr herrscht Einigkeit: Energie muss erneuerbar werden; mit neuen Systemen aus Sonne, Wind oder Wasser. Und dass die Erneuerbaren noch weiterentwickelt werden müssen, hält Klimaschützende nicht vom Systemumbau ab.

Was Landwirtschaft und Ernährung angeht, verhält es sich genauso: Das bestehende System ein bisschen grüner zu machen, genügt nicht. Ein klimafreundliches System muss her. Bio bietet sich hier an. Weil mit Öko Erträge im Einklang mit der Natur und nicht auf Kosten der Natur erwirtschaftet werden. Weil Bio wissensbasiert ist. Weil Öko-Flächen weltweit besser an Klimaschwankungen und Extremwetterereignisse angepasst sind.

Bio-Böden schützen unser Klima – von Natur aus. Jährlich erbringen Bio-Böden eine Klimaschutzleistung von 1.082 kg CO2-Äquivalenten pro ha. Die geplante Ausweitung auf 30 % Öko-Fläche bis 2030 verringert die Treibhausgase um 3,1 Mio. Tonnen jährlich. Würden die Öko-Flächen in der Europäischen Union bis dahin auf die Hälfte steigen, könnten die Treibhausgasemissionen sogar um bis zu 8,5 % zurückgehen. Dafür gibt es fünf Gründe: 1. Bio-Höfe brauchen Humus und der hat eine Superkraft: Er speichert Kohlenstoff. Ein Bio-Hektar enthält im Schnitt 10 % mehr davon als ein konventioneller Acker. 2. Öko-Landbau verringert Emissionen: Der Ausstoß von Lachgas, dem gefährlichsten aller Klimagase, ist durchschnittlich um 24 % geringer, bei langfristiger Betrachtung sogar um bis zu 40 %. 3. Bio-Höfe sind sparsam: Sie kommen mit 50 % weniger Energie pro Hektar aus und sind Meister darin, eine gute Ernte daraus zu machen. 4. Klimavorteil Bio-Tierhaltung: Herde und Fläche bilden ein Gleichgewicht, was man fl ächengebundene Tierhaltung nennt. Ein Großteil der Futtermittel kommt aus der Region oder vom eigenen Hof. Auf der Weide wächst den Tieren das Futter sogar direkt ins Maul. Bio-Futter hat also kurze Wege und deshalb eine bessere Klimabilanz zu gegenüber leider sonst üblichen, hohen Futtermittelimporten. 5. Die Art und Weise wie wir essen. Wer Bio wählt, isst tendenziell weniger Fleisch, wirft weniger weg und schützt so auch das Klima.

Kurz gesagt: Bio ist der Top-Runner, wenn es um wirksamen, nachhaltigen und günstigen Klimaschutz geht, und ist damit ein System, mit dem auch in Zukunft Essen produziert werden kann. Von einem Klima-Top-Runner profi tieren alle, wenn die Regierenden ihn zum Standard machen – und gleichzeitig weiter in Innovation investieren, damit das aktuell klimafreundlichste System noch besser werden kann. Und damit Klimaschutz beim Essen einfacher wird, muss das, was klimafreundlich ist, am günstigsten und gut verfügbar sein. Die 30 % Bio im Koalitionsvertrag der Bundesregierung sind ein guter Anfang. Die Ernährungswende muss jetzt der Energiewende folgen. Dann wird es etwas mit dem Klimaschutz.

Autorenschaft: Joyce Moewius & Peter Röhrig (beide BÖLW)


Quellen:

Gattinger, A., Weckenbrock, P., Müller, A. (2019): Beiträge des Ökolandbaus zum Klimaschutz. In: BioTopp 1, S. 57–59.

Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC, 2019): Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger. In: Klimawandel und Landsysteme: Ein IPCC-Sonderbericht über Klimawandel, Desertifikation, Landdegradierung, nachhaltiges Landmanagement, Ernährungssicherheit und Treibhausgasflüsse in terrestrischen Ökosystemen [P.R. Shukla, J. Skea, E. Calvo Buendia, V. Masson
Delmotte, H.-O. Pörtner, D. C. Roberts, P. Zhai, R. Slade, S. Connors, R. van Diemen, M. Ferrat, E. Haughey, S. Luz, S. Neogi, M. Pathak, J. Petzold, J. Portugal Pereira, P. Vyas, E. Huntley, K. Kissick, M. Belkacemi, J. Malley, (Hrsg.)]. In Druck. Deutsche Übersetzung auf Basis der Onlineversion
inklusive Errata vom 12. Dezember 2019. Online unter: https://www.de-ipcc.de/media/content/SRCCL-SPM_de_barrierefrei.pdf

Müller, A., Schader, C., Scialabba, N.-E., Brüggemann, J., Isensee, A., Erb, K-H., Smith, P., Klocke, P., Leiber, F., Stolze M., Niggli, U. (2017): Strategies for feeding the world more sustainably with organic agriculture. In: Nature communications 8(1), 1290. Online unter: https://doi.org/10.1038/s41467-017-01410-w

Skinner, C., Gattinger, A., Krauss, M., Krause, H.-M., Mayer, J., van der Heijden, M. G. A., Mäder, P. (2019): The impact of long-term organic farming on soil-derived greenhouse gas emissions. In: Scientifi c reports 9 (1), 1702. Online unter: https://doi.org/10.1038/s41598-018-38207-w