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Position

Humus aufbauen – Klima schützen

Vorschlag für ein Aktionsprogramm zur Förderung des Humusaufbaus in Deutschland*

Berlin, 05.12.2018. Mehr Humus in landwirtschaftlichen Böden kann einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Darüber hinaus wirkt sich Humus positiv auf die Biodiversität und Bodenfruchtbarkeit aus und Humusaufbau ist somit ein wichtiger Baustein einer nachhaltigen Landnutzung. Um sein Potenzial besser zu nutzen, bedarf es eines kohärenten Aktionsprogramms, welches die bestehenden Fördermaßnahmen bündelt und durch handlungs- und erfolgsorientierte Anreizkomponenten weiterentwickelt.

Maßnahmen des Aktionsprogramms

Ein neues Aktionsprogramm für mehr Humus würde der gesellschaftlichen Relevanz von Humus in landwirtschaftlichen Böden wiederspiegeln. Mit Hilfe des Aktionsprogramms sollten solche Maßnahmen in Deutschland gezielt finanziell gefördert werden, die sich nachweislich besonders vorteilhaft auf den Humusaufbau auswirken.

Hierzu zählen u.a.:

  • Anbau einjähriger oder mehrjähriger Futterleguminosen (Luzerne, Kleegras, etc.) in vorgegebenen Mischungen und bei einer Nutzung, die entweder aus der Abfuhr des Aufwuchses oder aus der Weidenutzung besteht.
  • Etablierung von Agroforst-Systemen (unter Einbeziehung der in der Agrarlandschaft produzierten Biomasse) / Syntropische Landnutzungssysteme
  • Anwendung von Mischkultursystemen und Untersaaten, die zu einer ununterbroche- nen Begrünung der Ackerflächen führen
  • Umwandlung von Ackerland in Grünland
  • Moorschutz durch Anhebung des Grundwasserspiegels oder Erhalt eines hohen Grundwasserspiegels.
  • Anbau tiefwurzelnder, humusmehrender, (winterharter) Zwischenfrüchte.
  • Anbau von Körnerleguminosen (im Hinblick auf ihre positive Klimaschutzwirkung)
  • Regelmäßige Verwendung organischer Dünger (Mist, Kompost) mit Berücksichtigung der Nährstoffbilanzen
  • Etablierung Leguminosen-reicher Grünlandbestände

Alternative Förderstruktur

Um möglichst effizient den Aufbau von Humus zu unterstützen, sollte die Prämie für die oben genannten Maßnahmen aus zwei Teilkomponenten bestehen:

  • Für die Durchführung der Maßnahme und die Einhaltung bestimmter Auflagen erhält der Landwirt jährlich eine Basiszahlung, deren Höhe sich an den Kosten orientiert und zusätzlich eine Anreizkomponente enthält.

Erzielt die Maßnahme eine nachgewiesene, überdurchschnittliche, positive Wirkung auf die Humusvorräte, erhält der Landwirt eine Erfolgsprämie, deren Höhe sich am ökonomischen Wert der erbrachten Leistung (z.B. CO2-Zertifikate) oder den politisch angestrebten Zielen orientiert.

Für die Festlegung, welche Wirkung als überdurchschnittlich anzusehen ist, wird ein Betriebs- bzw. Schlag-spezifisches Benchmark-System auf der Grundlage der bundesweiten Daten der Bodenzustandserhebung Landwirtschaft eingerichtet. Bei der Definition der Benchmark-Koeffizienten werden der bestehende Humusanteil und die Bodentextur berücksichtigt. Eine graduelle Steigerung der Kohlenstoffvorräte auf einem humosen Standort kann dadurch in vergleichbarer Weise honoriert werden wie eine deutliche Steigerung auf einem humusarmen Boden. Damit wird gleichzeitig auch der Erhalt von hohen Kohlenstoffvorräten gefördert.

Durch die ergebnisorientierte Komponente (Erfolgsprämie) entsteht eine Flexibilität bezüglich der eingesetzten Maßnahmen, die nötig ist, um den unterschiedlichen betriebsstrukturellen Bedingungen und den Umweltbedingungen (z.B. Bodentypen) gerecht zu werden, die spezifisch angepasste Maßnahmen zum Humusaufbau verlangen. Die Erfolgsprämie sollte alle drei Jahre bei einem Verpflichtungszeitraum von sechs Jahren ausbezahlt werden (Status-quo Ermittlung Humusvorräte im 1. Jahr – Evaluation im 3. Jahr / Feedback an Landwirt – erste Auszahlung der Erfolgsprämie – Evaluation im 6. Jahr bezugnehmend auf den Ana- lyseergebnissen des dritten Jahres – zweite Auszahlung der Erfolgsprämie – neuer Ver- pflichtungszeitraum).

Wichtige Voraussetzungen für die Umsetzung der erfolgsorientierten Komponente sind sowohl möglichst niedrige Administrations- und Transaktionskosten als auch eine ausreichende Justiziabilität der Erfolgsbewertung. Durch die Weiterentwicklung der Nahinfrarot-Spektroskopie besteht die Aussicht, dass künftig Kohlenstoff in Bodenproben zu deutlich niedrigeren Kosten als bisher analysiert werden könnte. Für die Erfolgsbewertung ist zu prüfen, ob Bodenproben in Zusammenhang mit der Nmin-Beprobung durch ein zertifiziertes Labor durchgeführt werden könnten.

Um den angestrebten Erfolg des Aktionsprogramms Humusaufbau zu unterstützen, sollte das Programm durch folgende Maßnahmen flankiert werden:

  • Angebote der landwirtschaftlichen Fachberatung
  • Vernetzungsaktivitäten der am Aktionsprogramm teilnehmenden Landwirte innerhalb einer Region. Durch den Erfahrungsaustausch lernen die Landwirte Verbesserungsmöglichkeiten kennen. Und durch den Vergleich von Messergebnissen entsteht ein Wettbewerb, der zu verstärkten Anstrengungen für den Humusaufbau motiviert.

Moorschutz

Neben dem gezielten Aufbau von Humus ist ein weiteres Augenmerk auf den Erhalt kohlenstoffreicher Böden zu legen, die landwirtschaftlich genutzt werden. Dies betrifft vor allem Moore, die nach Möglichkeit wiedervernässt werden sollten. Um die wirtschaftlichen Verluste der betroffenen Flächeneigentümer zu kompensieren - und sie für diese Maßnahme zu motivieren - muss einerseits eine ausreichende Entschädigung gezahlt werden. Andererseits müssen geeignete Bewirtschaftungsmodelle entwickelt werden (z.B. Schilferzeugung für Baustoffverwendung), die es ermöglichen, diese Flächen dauerhaft rentabel zu nutzen. Um unterschiedlichen Fragen des Moorschutzes auf landwirtschaftlichen Flächen angemessen adressieren zu können, wird ein separates Förderprogramm empfohlen.

* Der Vorschlag wurde gemeinsam mit Wissenschaftlern erarbeitet.

Foto: Demeter e.V., Eva Müller


Hintergrund

Auf der Pariser Klimakonferenz (COP21) haben sich 2015 insgesamt 195 Länder erstmals auf ein allgemeines, rechtsverbindliches weltweites Klimaschutzabkommen mit dem Ziel geeinigt, den Anstieg der weltweiten Durchschnittstemperatur auf unter 2 °C gegenüber vorindustriellen Werten zu begrenzen. Den Beitrag Deutschlands zu diesem Ziel hat Bundesregierung in ihrem Klimaschutzplan 2050 konkretisiert. Demnach sollen in Deutschland die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber dem Niveau von 1990 zurückgehen. Dies ist ein ehrgeiziges Ziel, das nur erreicht werden kann, wenn alle Sektoren einen Beitrag dazu leisten.

Neben der Reduktion der Stickstoffüberschüsse kann der gezielte Humusaufbau eine wichtige Maßnahme sein, um die Emissionen aus der Landwirtschaft zu reduzieren. Die Anreicherung von Kohlenstoff in Form von Humus gehört zu den wenigen Klimaschutzmaßnahmen, die nicht nur Emissionen vermeiden, sondern diese sogar rückgängig machen können (negative emission technology). So geht das Umweltprogramm der UN davon aus, dass durch humusmehrende Bewirtschaftungsmethoden jedes Jahr bis zu 4.8 Gt CO2-Äquivalente gespeichert werden können. Darüber erhöht Humusaufbau die Widerstandsfähigkeit (Resilienz) der Landwirtschaft gegenüber den Folgen des Klimawandels. Sie wirkt sich positiv auf die Biodiversität im Boden, die Wasserspeicherkapazitäten und damit den Hochwasserschutz sowie auf die Ertragsstabilität aus.

Bisher wird der Humusaufbau insbesondere durch Cross-Compliance Bestimmungen (Erhaltung des Anteils der organischen Substanz im Boden, GLÖZ 6) und die Greening-Prämie im Rahmen der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (z.B. den Anbau von Zwischenfrüchten als ÖVF-Fläche) sowie durch verschiedenen GAK bzw. ELER-Maßnahmen gefördert (z.B. Boden schonende Nutzung oder Umwandlung von Ackerland in Grünland, Umstellung oder Beibe- haltung der ökologischen Bewirtschaftung, etc.). Trotz dieser Bemühungen zeigen Monito- ring-Ergebnisse, dass es in den letzten zwei Dekaden in Deutschland zu keiner Steigerung des Humusanteils in landwirtschaftlich genutzten Böden gekommen ist. Um im Hinblick auf die klima- und agrarumweltpolitischen Ziele der Bundesregierung die Humusvorräte zu erhöhen, bedarf es zusätzlicher politischer Anstrengungen. Hierzu bietet sich ein zielgerichtetes, kohärentes Aktionsprogramm an, in dessen Mittelpunkt - neben Beratung und Forschung - eine alternative Förderstruktur für Klimaschutzmaßnahmen stehen sollte.