Berlin, 16.12.2016. Der Bundesrat fordert Verbesserungen am Entwurf des neuen Gentechnik-Gesetzes. Die Länder stimmten heute eine entsprechende Stellungnahme ab. Felix Prinz zu Löwenstein, Vorsitzender des Bio-Dachverbandes Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), kommentiert:
„Die Bundesländer haben heute die Sorgen zehntausender gentechnikfrei wirtschaftender Landwirte, Hersteller und Händler aufgegriffen. Mit den Verbesserungen, die der Bundesrat heute eingefordert hat, würde das Gentechnik-Gesetz deutlich besser. Dem Länder-Appell muss der Bundestag jetzt nachkommen.
Die Regeln für Anbauverbote sind im Gesetzentwurf zu aufwändig und bürokratisch. Das Gesetz könnte damit im Ernstfall gar nicht angewendet werden. Die Länder kritisieren zu recht auch, dass laut Gesetzentwurf Konstrukte aus neuartigen Gentechnik-Verfahren wie CRISPR und Co. in Deutschland in die Umwelt freigesetzt werden dürfen. Und das noch während der Europäische Gerichtshof prüft, ob und welche dieser Verfahren als Gentechnik reguliert werden müssen.
Nur ein Gesetz, das wirksame Gentechnik-Verbote ermöglicht und das Vorsorgeprinzip beachtet, ist ein gutes Gesetz. Werden die Schwachstellen des aktuellen Entwurfs jetzt nicht behoben, müssen Bundestag und Bundesrat die Notbremse ziehen und das Gesetzgebungsverfahren stoppen.“
Hintergrund
Ob und welche gentechnisch veränderten Pflanzen in Europa angebaut werden dürfen, entscheidet die Europäische Union in einem umstrittenen Zulassungsverfahren. 2014 einigte man sich darauf, dass einzelne Mitgliedsstaaten über nationale Gentech-Anbauverbote künftig leichter selbst entscheiden dürfen – das sogenannte ‚Opt-out‘. Dieser Beschluss soll aktuell in nationales Recht umgesetzt werden.
Die Bundesländer hatten bereits im vergangenen Jahr einen eigenen Gesetzvorschlag eingebracht, mit dem Gentechnik-Anbauverbote einheitlich vom Bund ausgesprochen werden könnten. Die Regierungspartei SPD und alle SPD-geführten Landesregierungen haben sich wiederholt für einheitliche Gentechnik-Anbauverbote für ganz Deutschland ausgesprochen. Der vom BMEL vorgelegte Entwurf eines 4. Gesetzes zur Änderung des Gentechnikgesetzes, wurde am 2. Dezember in erster Lesung im Bundestag beraten. Daran meldete die SPD-Fraktion erheblichen Änderungsbedarf an. Für den 16. Januar ist eine Anhörung im Bundestag zum Thema angesetzt.
Der Bundesrat forderte das Parlament in seiner Stellungnahme auf, folgende Korrekturen im Entwurf des Gesetzes vorzunehmen (Sitzung am 16.12., TOP 31):
- Streichung der komplizierten Abstimmungsregelung mit sechs Bundesministerien (§ 16f)Streichung der
- Notwendigkeit eine Begründung vorzubringen, wenn Gentechnik-Unternehmen aufgefordert werden, Deutschland freiwillig aus dem Zulassungsantrag für eine gentechnisch veränderte Pflanze auszunehmen („Phase I“, § 16f);
- Übernahme einer aktiven Rolle durch den Bund bei der Recherche von Verbotsgründen (§ 16h);
- Aufhebung von Anbauverboten (§ 16i): analog zur Einführung von Anbauverboten muss auch für die Aufhebung („opt in“) eine Mehrheit im Bundesrat Voraussetzung sein.
Nach Auffassung des BÖLW müsste zusätzlich folgender Punkt korrigiert werden:
- Streichung der Passage zu neuartigen Gentechnikverfahren wie CRISPR-Cas in der Begründung. Es muss klargestellt werden, dass keine nationale Zulassung solcher Verfahren – bzw. von aus ihnen entstandenen Organismen – erfolgen darf, bevor auf EU-Ebene eine gentechnikrechtliche Einstufung vorgenommen wurde.