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Position

Für einen fairen Welthandel

Ein Konzept für eine alternative Handelspolitik der kritischen Mitglieder des TTIP-Beirats im Bundeswirtschaftsministeriums

Berlin, 01.11.2017. Handel und Handelsliberalisierungen sind kein Wert an sich – sie müssen den Menschen und ihren Lebensbedingungen dienen. Deshalb müssen Handelsabkommen und die Handelspolitik der Europäischen Union als Ganzes zur Entwicklung einer nachhaltigen Weltordnung beitragen und sich insbesondere den UN-Nachhaltigkeitszielen (SDG) und dem Pariser Klimaschutzabkommen unterordnen. Außerdem muss Handelspolitik besonders die am wenigsten entwickelten Länder (LDC) dabei unterstützen, sich im Rahmen von Präferenzabkommen zu entwickeln.

Handelsabkommen konkretisieren die Art und Weise, wie die Vertragsparteien Handel betreiben. Dabei müssen sie sowohl die Anforderungen an eine gute Regierungsführung (SDG 16) als auch die Verantwortung und Pflichten der Unternehmen adressieren und als verbindliches und sanktionierbares Regelwerk etablieren – aufbauend auf den UN Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte und den OECD Leitsätzen für multinationale Unternehmen. Die Handelsagenda der EU und ihrer Mitgliedsstaaten muss zudem weitere internationale Standards zur Grundlage haben, wie die UN Konvention gegen Korruption, die ILO-Kernarbeitsnormen, der UN Richtlinie zum Verbraucherschutz und die OECD Konvention gegen die Bestechung ausländischer 2 Für einen fairen Welthandel Amtsträger*innen im internationalen Geschäftsverkehr. Die Ratifizierung der jeweils jüngsten Version dieser Abkommen sollte nicht nur Bedingung für den Abschluss aller künftigen Abkommen sein, sondern auch in bestehende bilaterale und multilaterale Abkommen integriert werden.

Bei allen Handelsregeln ist allerdings abzuwägen, ob sie besser in einem Handelsabkommen oder im Rahmen einer internationalen Zusammenarbeit (wie z.B. im Rahmen der UNECE Harmonisierungen) zwischen Regierungen oder Regulierungsbehörden vereinbart werden sollten. Grundsätzlich sollten Überlegungen zum Investitionsschutz von Handelsabkommen getrennt werden, zudem müssen Regelungen im Rahmen multilateraler Gremien, insb. der WTO, Vorrang vor bilateralen Abkommen haben.

Wie sollten Handelsabkommen verhandelt und umgesetzt werden?

Die Zuständigkeit für die Erteilung von Verhandlungsmandaten muss gemeinsam beim Rat der EU und dem Europäischen Parlament liegen. Bereits vor Mandatserteilung müssen eine öffentliche Konsultation und die aktive Einbindung von Bundestag und Bundesrat erfolgen.

Sämtliche handelspolitischen Mandate, Textvorschläge (auch der Verhandlungspartner*innen), Zwischenberichte zum Verhandlungsstand und konsolidierte Texte müssen öffentlich verfügbar gemacht werden. Zivilgesellschaftliche Vertreter*innen sind in allen Stufen der Entwicklung und Verhandlung gleichberechtigt mit den Vertreter*innen wirtschaftlicher Interessen zu beteiligen. Bei den wirtschaftlichen Vertreter*innen sollte zudem ein Schwerpunkt auf kleinere und mittlere Unternehmen gelegt werden. Parlamente müssen jederzeit ihren vollständigen Handlungsspielraum behalten, die vorläufige Anwendung von Handelsabkommen, die nationale und EU-Kompetenzen beinhalten, ist daher abzulehnen.

Handelsabkommen müssen regelmäßig, unabhängig und unter Einbindung zivilgesellschaftlicher Akteure evaluiert werden. Sowohl bei der Evaluierung als auch der Folgenabschätzung muss ein Schwerpunkt auf die Auswirkungen des Abkommens auf Gemeinwohlaspekte wie Arbeitnehmer*innen-, Verbraucher*innen- und Umweltschutz gelegt werden. Dabei müssen Gewinner und Verlierer benannt und fundierte Schätzungen der Auswirkungen quantifiziert und offen kommuniziert werden. Wenn Evaluierungen oder aktuelle politische Entwicklungen zeigen, dass gegen die Ziele des Abkommens verstoßen wird, muss es die Möglichkeit zur Aussetzung des Abkommens (ganz oder in Teilen) geben. Die Zivilgesellschaft muss das Recht haben, Verstöße gegen die zugrunde liegenden Regeln zum Arbeitnehmer*innen-, Verbraucher*innen- und Umweltschutz vor bilaterale Regierungskommissionen zu bringen.

Welche inhaltlichen Prioritäten sollte eine künftige Handelsagenda widerspiegeln?

Gemeinwohl vor Handelsliberalisierung

Die Achtung von Menschenrechten muss verbindlich für alle Kapitel in Handelsabkommen gelten und ihre Nichteinhaltung muss sanktioniert werden. Eine Handelsliberalisierung darf zudem die ökologischen und sozialen Ziele der Vertragsparteien
nicht gefährden. Denn rein ökonomische Vorteile können Behinderungen der anderen Ziele nicht kompensieren. Um Zielkonflikte zwischen Handelsliberalisierung und Gemeinwohlinteressen zu vermeiden, müssen die Ausnahmeregeln erweitert werden, aufgrund derer gegen die Regeln eines Handelsabkommens zugunsten des Gemeinwohls verstoßen werden darf. Staaten müssen zum Beispiel die Freiheit haben, für bestimmte Güter oder Dienstleistungen regionale oder örtliche Märkte besonders zu fördern. Das Subsidiaritätsprinzip als wichtiges und anerkanntes Prinzip der europäischen Einigung muss auch als Leitbild für die Handelsliberalisierung herangezogen werden, was bedeutet, internationaler Handel soll nur dort gefördert werden wo er eine bessere Bedürfnisbefriedigung bringt als regionaler Handel.

Investitionsschutz: „Eigentum verpflichtet“

Die Balance zwischen dem Schutz von ausländischem Privateigentum (Investitionen) und den Pflichten von Investoren im globalen Markt muss neu justiert werden. Investitionsschutzabkommen müssen verbindliche Pflichten für Investor*innen schaffen, beispielsweise auf Grundlage der OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen und der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte. Bundesregierung und EU-Kommission müssen zudem aktiv und konstruktiv an den Gesprächen und Verhandlungen über einen binding treaty (Initiative aus dem Menschenrechtsrat der UN)
teilnehmen.

Investitionen von Unternehmen müssen vor staatlicher Willkür und Enteignung geschützt werden. Aber statt einer Investitionsschutz-Sondergerichtsbarkeit für Investor*innen sollen Investitionsschutzabkommen eine Inländerbehandlung für ausländische Investor*innen im Hinblick auf einen diskriminierungsfreien Zugang zu inländischen Gerichten festschreiben. Das Prinzip der Nichtdiskriminierung und Inländerbehandlung ist ein Grundprinzip der Handelsliberalisierung und sollte auch hier angewandt werden.

In den Investitionsschutzabkommen der EU muss klargestellt werden, dass Regulierungen, die zur Erreichung der SDG und der Pariser Klimaschutzziele erforderlich sind nicht zu Schadenersatzforderungen führen können, da sie erwartbar sind und von Investor*innen einkalkuliert werden können. Zudem müssen Investor*innen den Umfang der Investitionen und ihre Gewinnerwartungen so bemessen, dass die Risiken für beide Seiten beherrschbar sind und sich daraus ergebene Schadenersatzforderungen nicht die Stabilität des betreffenden Staates ins Wanken bringen können.

Solange Investor*innen die Bestimmungen zu ihren Pflichten als Investor*innen wie beschrieben nicht umgesetzt haben, sollen sie keinen Gebrauch von den Regeln im Investitionsschutzmachen können („denial of benefits“-Klausel). Hermes-Förderungen der Bundesregierung sollen nicht an bestehende ISDS-Abkommen gekoppelt werden.

Freiwillige Kooperation zwischen Regulierungsbehörden fördern

Eine Kooperation zwischen Behörden ist sinnvoll, die Zusammenarbeit sollte aber nicht die Erarbeitung von Gesetzen umfassen, sondern eine Kooperation zwischen Regulierungsbehörden auf technischer Ebene. Die Sektoren in denen eine Zusammenarbeit angestrebt wird müssen klar definiert werden und es dürfen keine Gremien für eine verpflichtende Kooperation geschaffen werden die dem Ziel einer Rechtsangleichung dienen. Grundsätzlich sollte ein regulatorischer Dialog daher außerhalb des Kontextes von Handelsverhandlungen geführt werden und darf nicht allein Handelserleichterungen zum Ziel haben, sondern muss auch weiteren Zielen des Gemeinwohls und einer nachhaltigen Wirtschaftsordnung dienen. Die Kosten der regulatorischen Kooperation müssen durch die EU-Kommission evaluiert werden. Schwerpunkte und Themenfelder der Kooperation müssen regelmäßig ausgewertet und veröffentlicht werden.

Für eine effektive Durchsetzung von Umwelt-, Arbeitnehmer*innen- und Verbraucherschutz!

Die in der EU geltenden Werte und Standards dürfen nicht abgesenkt oder umgangen werden, ein weltweites Streben nach den höchsten Standards zum Nutzen von Mensch und Umwelt ist aber ausdrücklich erwünscht. Zu diesem Zweck sollte für alle Handelsabkommen ein Katalog zentraler Umwelt-, Verbraucher*innen- und Arbeitsnehmer*innen-Normen verbindlich verankert werden, die ebenfalls dem Allgemeinen Streitbeilegungsmechanismus unterliegen. Zudem bedarf es klarer, durchsetzbarer und sanktionierbarer Regelungen (bis hin zu handelspolitischen Konsequenzen wie z.B. Strafabgaben gegen Umweltdumping oder geeignete Formen des Grenzausgleiches, um Produktionskostenunterschiede auszugleichen, die durch staatliche Regulierung entstehen, etwa Ressourcensteuern oder Umweltauflagen) zum effektiven Schutz der o.g. Gemeinwohlrechte u.a. über Menschenrechtsklauseln und Nachhaltigkeitskapitel. Zur effektiven Durchsetzung dieser Rechte ist ein kontinuierlicher Monitoringprozess – unter Beteiligung von Sozialpartner*innen, Verbänden und Zivilgesellschaft – und insbesondere ein unabhängiger Aktivierungsmechanismus, etwa durch nationale Kontaktstellen, unverzichtbar. Ein unabhängiges Sekretariat, finanziell ausreichend ausgestattet und mit entsprechenden Expert*innen bestellt, sollte die Einhaltung der jeweils eingegangenen Verpflichtungen überwachen und untersuchen und bei Verletzungen – unabhängig von der Zustimmung der Vertragsparteien – den Durchsetzungsprozess starten können. Außerdem müssen Verbands- und
Schadensersatzklagerechte für Verbände der Vertragsparteien vor den nationalen Gerichten des jeweils beklagten Unternehmens eingeführt werden.

Im Einzelnen fordern wir in den Bereichen Umweltschutz, Arbeitnehmer*innenrechte und Verbraucherschutz zudem:

Umweltschutz

Handelsabkommen müssen den Umbau zu einer nachhaltigen Wirtschaftsordnung befördern und dürfen keine Maßnahmen behindern, die zur Durchsetzung des Pariser Klimaabkommens oder der SDG vorgenommen werden. Die Anerkennung und der Schutz des europäischen Vorsorgeprinzips müssen rechtlich verbindlich verankert werden und Gültigkeit für alle Kapitel von Handelsabkommen haben. Ist dies nicht als gemeinsames Verständnis in den Verhandlungen durchsetzbar, so ist zumindest eine eindeutige Bestimmung aufzunehmen, die sicherstellt, dass das Vorsorgeprinzip der EU durch die Bestimmungen der Handelsabkommen nicht angetastet wird. Zudem muss es explizite Ausnahmeregelungen für die umfassende Möglichkeit zur Förderung Erneuerbarer Energien geben. Insbesondere darf es keine Aufnahme von Formulierungen der Technologieneutralität geben, die die Nutzung von fossilen und atomaren Energieträger mit der von erneuerbaren Energien gleichstellen.

Arbeitnehmer*innenrechte

Die Ratifikation und rechtsverbindliche Umsetzung der ILO-Kernarbeitsnormen muss Voraussetzung und Grundlage von allen Handelsverhandlungen sein. Die ILOKernarbeitsnormen haben Menschrechtscharakter und fallen damit unter eine mögliche Menschenrechtsklausel, die jedoch weiterentwickelt werden muss um Arbeitnehmer*innenrechte effektiv schützen zu können. Die Umsetzung von Liberalisierungsverpflichtungen selbst darf nicht zu Menschenrechtsverletzungen führen und eine Menschenrechtsklausel muss die Einhaltung von Rechten auch trotz der Liberalisierungsanforderungen erlauben.

Arbeitnehmer*innenrechte müssen auch über die ILO-Kernarbeitsnormen hinaus (ILO up-to-date instruments) in  Handelsabkommen gewährleistet sein. Dies gilt insbesondere für prioritäre Konventionen der ILO, die zur Förderung menschenwürdiger Arbeit beitragen. Arbeitnehmer*innenrechte sollten als wesentliche Bestandteile in alle Handelsverträge aufgenommen werden, damit bei ihrer Verletzung eine Beendigung oder Suspendierung des Abkommens entsprechend der Wiener Vertragsrechtskonvention möglich wird.

Verbraucherschutz

Handelsabkommen müssen Regeln für eine Produktkennzeichnung und -information verankern, die die Wünsche und den Schutz von Verbraucher*innen in den Mittelpunkt stellt. Digitaler Handel kann nur dann Vorteile für Verbraucher*innen haben wenn die Privatsphäre und der Datenschutz der Nutzer gewährleistet ist. Der Schutz personenbezogener Daten hat Vorrang vor dem Handel mit Daten. Staaten müssen die Möglichkeit haben zu verfügen, dass bestimmte Daten in ihrem Territorium (oder in der EU) gespeichert werden. Die Stärkung des Business-to-Consumer Handels durch Handelsabkommen muss mit entsprechenden Schutzmechanismen einhergehen. Das betrifft z.B. Schlichtungsstellen für Onlinehandel oder höhere Freibeträge für persönliche Importe. Anstrengungen zur Regulierung der Finanzmärkte dürfen durch Handelsabkommen nicht behindert werden.

Lebensmittel und Agrarmärkte

Der Weltagrarbericht sieht die Ernährung der Weltbevölkerung insbesondere durch regionale, angepasste, kleinbäuerliche Landwirtschaft gesichert. Landwirtschaft wiederum ist vom Funktionieren ökologischer Systeme abhängig, beansprucht diese Systeme aber gleichzeitig deutlich stärker als andere Wirtschaftszweige. Ziel von Handelsabkommen muss es daher sein, eine nachhaltige Landwirtschaft zu fördern - in ihren ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Dimensionen. Mensch, Umwelt, Tierwohl, bäuerliche Struktur, soziale Situation sowie Ernährungsqualität und -sicherheit müssen im Mittelpunkt stehen. Wenn dagegen nur der freie Austausch von Waren Gegenstand von Handelsabkommen ist, werden solche Unternehmen wirtschaftlich begünstigt, die ihre Produktion zulasten dieser Allgemeingüter betreiben, z.B. indem der größte Teil der Produktionskosten externalisiert wird. Entsprechend des Nachhaltigkeitsprinzips darf es daher keine Sozialisierung bzw. Externalisierung von Kosten geben.

Vertragsparteien müssen zudem das Recht haben, den Marktzugang für landwirtschaftliche Produkte zum Schutz der eigenen Agrarstruktur einzuschränken oder auch aus Gründen der Agrar- und Ernährungskultur den Import bestimmter Agrarprodukte auszuschließen (wie. z.B. bei Klon- und Hormonfleisch oder gentechnisch veränderter Produkte, Rohstoffe und Futtermittel). Vertragsparteien das Recht haben, für importierte Waren den Nachweis einzufordern, dass bei deren Produktion solche Standards eingehalten wurden. Vertragsparteien muss es erlaubt sein, durch Ausschreibungsverfahren regionale Produkte zu bevorzugen, um so den Aufbau regionaler Wertschöpfungsketten zu fördern, den Präferenzen von Verbraucher*innen zu folgen und bäuerliche Existenz nachhaltig zu sichern.

Landwirtschaft und LDC

Landwirtschaft bietet heute immer weniger Bauernhöfen eine wirtschaftliche Perspektive. Die Globalisierung von Agrarmärkten hat zwar zu neuen Chancen landwirtschaftlicher Wertschöpfung durch internationalen Handel geführt, oft jedoch auf Kosten der Bauernfamilien, besonders in den am wenigsten entwickelten Staaten (LDC). Denn im Gegensatz zu LDC können Industrienationen ihre Landwirtschaft durch Begrenzung des Marktzuganges oder durch Subventionierung schützen. Deshalb kommt dem Aufbau regionaler Wertschöpfungsketten hohe strukturpolitische Bedeutung zu, insbesondere in Ländern, in denen ein hoher Anteil der Bevölkerung von der landwirtschaftlichen Produktion lebt, aber auch in strukturschwachen Regionen von Industrieländern. Handelsabkommen dürfen dem nicht im Wege stehen und müssen eine regional verankerte bäuerliche Landwirtschaft sichern. Zudem werden in vielen Handelsbeziehungen der Europäischen Union mit Staaten des Südens letzteren zwar großzügiger Marktzugang für landwirtschaftliche Rohstoffe, nicht aber für verarbeitete
Agrarerzeugnisse zugestanden. Das führt dazu, dass die wesentliche Wertschöpfung der EU vorbehalten bleibt. Diese Praxis muss im Interesse der wirtschaftlichen Entwicklung dieser Länder abgestellt werden. Bei Präferenzabkommen müssen diese sowohl für Rohstoffe als auch fertig verarbeitete Produkte gelten.

Dienstleistungen

Öffentliche Dienstleistungen und die Daseinsvorsorge inkl. des Kultur- und Medienbereichs dürfen unabhängig vom technischen Verbreitungsweg keiner Handelsliberalisierung und Privatisierung unterliegen. In Handelsabkommen der EU müssen rechtsverbindliche Klauseln aufgenommen werden, die dies sicherstellen und die auch eine ausführliche Definition öffentlicher Dienstleistungen beinhalten. Ein Schutz bereits erfolgter Privatisierung durch sogenannte Ratchet-Klauseln darf nicht passieren. In eine Handelsliberalisierung einzubeziehende Dienstleistungen sind zu benennen (Positiv-Listen-Prinzip). Künftige, d.h. heute noch nicht bekannte, Dienstleistungen dürfen weder direkt noch indirekt vorab einer Vereinbarung unterliegen.

Kulturelle Vielfalt

Entsprechend den durch die Ratifizierung der UNESCO-Konvention über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen (Konvention Kulturelle Vielfalt) eingegangen Verpflichtung der Europäischen Union die kulturelle Vielfalt in Europa zu schützen, ist bei Freihandelsabkommen sicherzustellen, dass die Konvention Kulturelle Vielfalt vollumfänglich angewandt wird. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die die Kultur- und Medienwirtschaft betreffenden Grundlagen der Konvention Kulturelle Vielfalt. Bei Handelsabkommen, die mit Ländern verhandelt werden, die die Konvention Kulturelle Vielfalt nicht ratifiziert haben, muss verbindlich sichergestellt werden (wie z.B. USA), dass sie uneingeschränkt Anwendung findet.

Klein- und mittelständische Unternehmen

Damit bei der Harmonisierung von Standards keine einseitige Wettbewerbsverzerrung zu Gunsten der Interessen von Konzernen entstehen, müssen die Interessen klein- und mittelständischer Betriebe beim regulatorischen Dialog berücksichtigt werden. Es muss sichergestellt werden, dass sich insbesondere KMUs, die das Rückgrat der europäischen Wirtschaft bilden, diskriminierungsfrei auf international ausgeschriebene, öffentliche Aufträge bewerben können.

Korruptionsbekämpfung

Regeln zur effektiven Korruptionsbekämpfung sind unerlässlich für eine nachhaltige Handelspolitik. Die Vertragsparteien müssen sich daher verpflichten, Bestechung von in- und ausländischen öffentlichen Bediensteten sowie Bestechung im Geschäftsverkehr gleichermaßen unter Strafe zu stellen und effektiv zu sanktionieren. Es darf keinen Steuerabzug von Strafen für Bestechung geben, Verhaltenskodizes für öffentliche Bedienstete müssen in Kraft gesetzt werden und die Integrität öffentlicher Bediensteter muss gefördert werden. Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung sind effektiv durchzusetzen und ein angemessener Schutz von Hinweisgeber*innen ist sicherzustellen.