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Stellungnahme

BÖLW zum Entwurf des Insektenschutzgesetzes

Insektensterben erfordert dringende konsequente Maßnahmen

Berlin, 16.10.2020. Es liegt im Selbstverständnis des Ökolandbaus biodiversitätsschonend zu produzieren. Das dies in weiten Teilen positive Auswirkungen hat belegte nicht zuletzt die große Metastudie, die das Thünen-Institut [1] veröffentlichte. Auch Projekte wie Landwirtschaft für Artenvielfalt zeigen was darüber hinaus an Artenschutz im System Ökolandbau möglich ist. Das vielfach belegte Insektensterben fordert von uns als Gesellschaft insgesamt und der Landwirtschaft im Speziellen dringende konsequente Maßnahmen zum Schutz der Insektenvielfalt.

Auch der Ökolandbau ist gefragt, wenn es um die Weiterentwicklung von Insektenfreundlichen Anbausystemen geht. Diese Bereitschaft spiegelt sich in den Diskussionen innerhalb der Bio-Anbauverbände wieder, wo bereits in Teilen das Thema Biodiversität konkret in die privatrechtlichen Richtlinien aufgenommen wurde oder auch in Projekten zur Weiterentwicklung des Artenschutzes im ökologischen Produktionssystem. [2]

Aus diesen Gründen begrüßen wir den zeitigen Vorstoß des BMU mit Entwürfen zur Umsetzung des Aktionsprogramms Insektenschutz des BMU und des BMEL.

Von herausragender Bedeutung für die landwirtschaftliche Produktion ist vor allem die vorgeschlagene Änderung im Wasserhaushaltsgesetz §38. 38b Anwendung von Pflanzenschutzmitteln an Gewässern. Die Einschränkungen, die sich aus der neuen Regelung ergeben sind aus Sicht der ökologischen Produktion vertretbar, also 10 m Gewässerabstand, 5 m bei dauerhafter Begrünung und nur bei wasserwirtschatflich bedeutenden Gewässern, sodass Be- und Entwässerungsgräben, Straßengräben etc. ausgenommen sind. Wichtig ist aber, dass die Sonderregelungen für das Alte Land (Nach „Verordnung über die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in bestimmten Gebieten von Hamburg und Niedersachsen“) von dieser neuen Regelung ausgenommen bleiben. Die hier geltenden Sonderregelungen stellen bereits eine Abwägung zwischen Gewässerschutz in einem Obstbaugebiet von bundesweiter Bedeutung dar und hat mit §6 bereits zeitlich vorgeschriebene Verschärfungen der gewässerschützenden Maßnahmen eingebaut.

Zielweisend für die Landwirtschaft werden natürlich die Änderungen im Pflanzenschutzgesetz sein, für welche das BMEL Vorschläge machen wird. Entscheidend für einen flächendeckenden Insektenschutz wird sein, dass bei aller Berechtigung für die Schaffung von Rückzugsräumen, vor allem ein Fokus auf den Erhalt und die Ausweitung von Insektenvielfalt auf der landwirtschaftlichen Produktionsfläche liegt. Eine Logik von „Schutz- und Schmutzflächen“ und der damit einhergehenden Produktionsstilllegung auf Agrarflächen wird zwangsläufig zu einer Intensivierung der Produktion auf den übrigen Flächen führen, was dem Insektenschutz konträr entgegensteht.

Streuobstbestände und artenreiches mesophiles Grünland besser schützen zu wollen, ist naturschutzfachlich nachvollziehbar. Gleichzeitig ist es entscheidend, dass die Unterschutzstellung nicht kontraproduktiv zu den Zielen läuft und Anreizstrukturen zur Pflege und Schaffung dieser Biotope entkräftet. So darf nach §30 Bundesnaturschutzgesetz die ökologische Grünlandbewirtschaftung, welche für eine hohe Artenvielfallt sorgt, nicht beeinträchtigt werden. Hierbei ist entscheidend, dass die Anerkennung des naturschutzfachlichen Wertes der ökologischen Bewirtschaftung bundesweit im Bundesnaturschutzgesetz verankert wird, um so unterschiedlichen Auslegungen in den Bundesländern vorzubeugen und das 20 % Öko-Flächenziel der Bundesregierung nicht unnötig zu erschweren.

Bei den Streuobstbeständen bedarf es noch einer klaren Definition, welche Bestände dies genau betrifft. Je nach Definition könnten auch kommerziell betriebene Hochstammanlagen darunterfallen – hier muss eine ökologische Bewirtschaftung weiterhin möglich sein. Sowohl das Biotop Streuobstwiese als auch das Biotop artenreiches mesophiles Grünland können nur erhalten werden, wenn sie auch genutzt werden können. Daher ist es entscheidend, dass Anreize zu einer naturverträglichen Nutzung erhalten und verfügbar bleiben, wie bspw. Vertragsnaturschutz im Rahmen der geförderten Agrarumweltmaßnahmen. Ohne diese Anreize wird die Pflege und ggf. auch die Neuanlage entsprechender Biotope schwer vermittelbar sein. Die genauen Regelungen und Konsequenzen müssen sehr nachvollziehbar und verbindlich an Landeigentümer kommuniziert werden, um bspw. dem vorbeugenden Umbruch von Streuobstbeständen vorzubeugen.

Foto Header: Eva Wolf, Demeter


[1] Vgl. Thünen Report 65 Leistungen des ökologischen Landbaus für Umwelt und Gesellschaft

[2] Bspw. Bioland Richtlinien zu Biodiversität; Biodiversität in den Demeter Richtlinien; Ecovin.Biodiversitäts Aktionsplan; Biopark „Landwirtschaft für die Artenvielfalt“; Biodiversität im Öko-Obstbau (BfN Projekt); FINKA – Biodiversität im Ackerbau (BfN Projekt)


Ihr Kontakt zum BÖLW

Dr. Friedhelm von Mering
Referent Politik

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