Berlin, 24. Oktober 2008 | Ökologischer Landbau ist ein Schlüssel, um die Ernährung der Weltbevölkerung zu sichern. So lautet das Fazit der Experten aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Verbänden auf der gestrigen Jahrestagung des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW). „Mehrere Studien belegen, dass mit Öko-Landbau – selbst für eine weiter wachsende Weltbevölkerung – genug Nahrungsmittel für alle produziert werden können“, so Felix Prinz zu Löwenstein, Vorstandsvorsitzender des BÖLW.
Staatssekretär Gert Lindemann (BMELV) betonte, die notwendigen Produktivitätssteigerungen, um die Weltbevölkerung zu ernähren, müssten nachhaltig erfolgen. Dabei sprach er dem Ökologischen Landbau eine wichtige Rolle zu, da dieser gerade in den Entwicklungsländern für Humusanreicherung und Regeneration degradierter Böden sorge. Frauke Weissang von Naturland stellte dar, dass dies auch für Europa gelte: In der Anbauregion ihres Hofes in Italien reduzierte sich der Humusgehalt in den letzten dreißig Jahren drastisch – ein Prozess, der nur durch die Umstellung auf Öko-Landbau umgekehrt werden konnte.
Herr Bröckelmann-Simon von Misereor erinnerte daran, dass genug Nahrungsmittel produziert werden können, und der Hunger in der Welt vielfältige, vor allem politische Ursachen habe. Zu dessen Bekämpfung benötigten die Menschen in den ländlichen Regionen insbesondere einen gesicherten Zugang zu Ressourcen. Auf die Leitfrage der Tagung antwortete Hans Herren, 2. Vorsitzender des IAASTD („Weltagrarbericht“), mit Nachdruck: „Ob Bio die Welt ernähren kann, ist nicht die Frage – Bio muss die Welt ernähren!“ Die negativen Auswirkungen einer jahrzehntelangen Intensivierung der Landwirtschaft zeigten deutlich, dass ein Strategiewechsel unabdingbar ist: Es brauche dringend eine umweltverträgliche Landwirtschaft, die die Ressourcen effizient nutzt. Diese Kriterien zeichnen den Öko-Landbau schon seit Jahrzehnten aus.
Doch Bio kann mehr, wie Johannes Kotschi (AGRECOL e.V.) erläuterte: Vor allem in den Ländern des Südens steigert Bio das Einkommen und die Unabhängigkeit der Kleinbauern und minimiert das Ertragsrisiko. Dass es neben der Anbaumethode aber vor allem darauf ankommt, die Menschen vor Ort in ihren Rechten, ihrer Eigenständigkeit und Ernährungssouveränität zu stärken, verdeutlichten die beiden eindrucksvollen Praxisbeispiele aus Kamerun und Ägypten. Götz Rehn von der Bio-Supermarktkette Alnatura und BÖLW-Vorstand unterstrich in diesem Zusammenhang die Bedeutung von Bildung und Forschung.
Thomas Speck von GEPA zeigte auf, dass durch Projekte, in denen zertifizierte Bio-Produkte für den Export erzeugt werden, das für die Entwicklung lokaler Märkte notwendige Kapital in die Anbauregionen fließe. Das bestätigte auch Helmy Abouleish von der Sekem-Initive in Ägypten, die inzwischen 65% der Produktion von 30.000 ha zertifizierter Bio-Anbaufläche regional vermarktet. Bezeichnend sei, dass die Ägyptische Regierung angesichts der Qualitätsprobleme ihrer Export-Lebensmittel ihn, als Vertreter bio-dynamischer Landwirtschaft, mit der Erarbeitung von Lösungsvorschlägen beauftragt habe. Um weltweit zu einer nachhaltigen Landwirtschaft und Ernährungssicherung zu kommen, geht es im Kern nicht um eine Ausweitung der zertifizierten Bio-Fläche sondern um eine grundlegende Orientierung an den Prinzipien des Ökologischen Landbaus.
Nicht zuletzt, weil sich die Probleme durch den Klimawandel und die zunehmende Wasserknappheit weiter verschärfen, fordert der BÖLW von der Politik, die Forschungsmittel für den Öko-Landbau massiv zu erhöhen. „Nur so können wir die Herausforderungen der Ernährungssicherung in einer sich dramatisch wandelnden Umwelt meistern“, betonte Alexander Gerber, Geschäftsführer des BÖLW.
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